Täglicher Anzeiger für Thun und das Berner Oberland, Band 26, Nummer 21, 25. Januar 1902 IIIF issue linkEidgenossenschaft. [SECTION]

Eidgenossenschaft.

— Schweizerische Bundesbahnen. (Korr.) Die Jury betr. die Wellbewerbung für Entwürfe zu einem Dienst, gebäude der Verwaltung der Schweiz. Bundesbahnen auf dem Biückfeld in Bern, welches Gebäude für die Oienstabteilungen des kommerziellen Departementcs bestimmt ist und die Bureaux der Einnahmenkontrolle, des Tarifwesens, des Frachtreklamationsdienstes, der Druckfachenverwaltung und der Billetdruckeret enthalten soll, hat aus der großen, noch bei keiner andern Konkurrenz erreichten Zahl von SO Entwürfen den Arbeiten nachgenanntcr Bewerber Preise zugesprochen: HH. Princ: L Bö.gutn, Architekten in Neuenburg, 1. Preis, Franken 1600; HH. Paul Lindt und Max Hosmann, Architekten in Bern, 2. Preis, Fr. 1400; HH Alfred Duiour und Henry Baudin, Architekten in Genf, 3. Preis, Fr. 1000; Herr Alphonse Andrey, Architekt in Freiburg, 3. Preis, Fr. 1000. Die Jury ist zwar der Ansicht, daß keines der ringe» gangenen Projekte sich direkt zur Ausführung eigne, daß sich aber auf Grundlage der in den besten Projekten liegenden Ideen ein geeignetes Projekt entwerfen laste.

. Die öffentliche Ausstellung der Entwürfe findet statt vom 26. Januar bis und mit 9. Februar 1902 im Ausstellungssaale des Gewerbemuseums im Kornhaus in Bern, vormittags von 9—12 Uhr und nachmittags von 2—5 Uhr — Bundesverfassung. Die „Thurg. Ztg." schreibt: „Mit der Initiative zum Zwecke einer Revision des Art. 72 der Bundesverfassung in dem Sinne, daß in Zukunst nicht mehr die Wohnbevölkerung überhaupt, sondern nur die schweizerbürgerliche Wohnbevölkerung für die Repräsentation im National» rate maßgebend sein, also auf 20,000 schweizerbürgerliche Ein» wohner ein Mitglied gewählt werden soll, wird nun Ernst gemacht. Ein Initiativkomitee, in dessen Namen die Herren Nationalräte Eugen Fonjallaz in Lausanne und Hochstraßer in Luzern, sowie Herr Kantonsrat F. Bopp in Bülach unter zeichnen, erläßt einen Aufruf zur Unterzet hnung des Volksbegehrens. Die Veranlassung zu der Initiative bildete bekanntlich der Umstand, daß die städtischen Wahlkreise angesichts der stets wachsenden Zahl der dort wohnenden Ausländer gegenüber den ländlichen eine unverhältnismäßig große Vertretung bekommen. Wenn die Initianten dies in ihrem Aufrufe gerade heraussagen und zugeben würden, daß es sich um einen Kampf des Landes gegen die Städte handle, so ließe sich das am Ende hören; aber wenn sie statt dessen die Sache so darstellen, als seien die Gewählten „in Thal und Wahrheit nicht mehr Abgeordnete und Vertreter des Schweizervolles, sondern Vertreter von Ausländern", so setzen sie sich zu demagogischen Zwecken mit der Wahrheit in Widerspruch. Es mag ja sein, daß in einzelnen Wahlkreisen die Ausländer bei Ausstellung von Kandidaturen einen maßgebenden Et fluß ausüben, aber vom Wahlrecht wie von der Wahlsähigkei, sind sie schon jetzt durch die Bundesverfassung ausgeschloffen; nur Schweizerbürger dürfen an der Wahl der Nattonalräte teilnehmcn und als solche gewählt werden, und darum sind auch jetzt in That und Wahrheit die Gewählten Vertreter ihrer Wähler, also des Schweizervolkes, und es bedarf dazu, vaß sie dies erst werden, keiner Versafsungsrevision. Wenn auch zugegeben werden muß, daß jetzt, weil die

Ausländer bei der Festsetzung der Vertretungspff-r mitzezählt werden, die Städte eine verhältnismäßig größere Vertretung erhalten, so ist auf der andern Seite daran zu erinnern, daß sie Ausländer, die bei uns ihren Beruf ausüben, in Handel und Wandel unter unfern Gesetzen stehen, Steuern und Zölle zahlen rc, in hohem Maße an der Thätigkett der geietzgebenden Behörde mttinteresstert sind und daß es deshalb nichts als billig ist, daß sie wenigstens numerisch bei der Festsetzung der Repräsentationsskala mitberückstchligt werden. Darin liegt eine billige und mäßige Ausgleichung ihres Ausschluffes vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit, und diese Erwägung, die nicht bloß im Jahr 1848 bei Aufstellung der Bundesverfassung, sondern auch 1874 bei der Rw ston derselben den Ausschlag für den bestehenden Wortlaut des Artikels 72 gegeben hat, trifft auch heute noch zu, nicht trotz, sondern gerade wegen der Zunahme der Zahl der in der Schweiz wohnenden Ausländer." Bern. Zur Förderung desSamariterWesens, Korr.) Im Aufträge der kanton. Hülfslehrerversammlung im Sommer 1901 in Langnau veranstaltete der Männer-Samariteroerein Bern einen Hülsslehrer-Samariter-Kurs, welcher künftigen Sonntag beginnt. Sämtliche Sektionen im Kt. Bern und angrenzender Kantone wurden per Zirkulär eingeladen, tüchtige Mitglieder zur Heranbildung im Samariterwesen beteiligen zu lasten. So haben denn bereits 26 Damen und 27 Herren ihre Beteiligung zugestchert. Der Kurs findet im obern Saale des Emmenthalerhoses in Bern statt; er dauert bis zum 23. März und steht unter der Leitung von Hülfsl'hrern und Hülfslehrerinnen, deren Chef Herr I. Hörni, P> äsident des Männer-Samaritervereins Bern Vorsicht, wie auch einige Herren Aerzte dem Kurse ihre Aufmerksamkeit schenken werden. — Auch'Thun ist beteiligt. — Mittelländischer Turn-Verband. Die Abgeordneten dieses Verbandes versammelten sich letzten Sonntag nachmittag zur. Erledigung der Jahresgeschäfte im Cafä Merz. Von 18 Sektionen waren 16 durch 37 Delegierte vertreten. Jahresbericht, oaä Kaffarechnung

!S01 und das Budg.t pro 1902 wurden genehmigt Im Jahresprogramm für 1902 sind folgende Anlässe vorgesehen! 1. Gemeinsame Turnfahrt in die Gegend von Schwarzenburg am Aufsahrtstaa; 2. Schauturnen, eventuell nur in eines JnspektionStages für die das Kantonalturnfest in Biel besuchenden wetturnenden Sektionen. Der Einzelwettkampf soll in bisher üblicher Weise statifinden; 3. Vorturnerkurs >m Herbst an drei, wenn möglich aufeinanderfolgenden Sonntagen, mit Berücksichtigung des Nationalturnens. Eine Anregung,' es sei durch den mittelländischen Turnerverband an den Kantonalvorstand zu Händen der nächsten kantonalen Abgeordnetenversammlung eine Eingabe vorzubereiten, betreffend alljährlich abzuhallender Spezialkurse zur bessern Ausbildung der Kunst, und Nationallurner, wurde einstimmig zum Beschluß erhoben. — Der Vorstand sitzt sich pro 1902 aus nachfolgenden sieben Mitgliedern zusammen: Präsident: Herr C. Gründer in Bern; Vizepräsident: Herr Fritz Großenbacher in Bern; Kassier: Herr O. Gehri in Münchenbuchsee; Sekretär: Herr G. Dietrich in Bern; Beisitzer: Herren A. Bandi in Bern, E. Buchs in Ostermundigen und R. Rupprecht in Laupen — Wirtschaftsgewerbe. Korresp.) Auf kommendes Frühjahr übernimmt Herr Andreas Schöni, zur Leit auf dem Gasthof zum „Löwen" in Olten, das bestrenomierte Hotel „Bären" in Gerzensee. — Stadt. Em menschliches Skelett fanden letzter Tage die Arbeiter des Herrn Köbler-Hirs, Gyp sermeister beim Griengraben am Hopfenweg (Matlenhofbezirk), etwa 60 ein tief in der Erde. Sie stießen zuerst nur auf den Schädel. Bestandteile desselben sind im Besitz- des H rrn Lehrer Eicher. Weitere Skelettreste sind am Dienstag nach, mittag noch herausgegraben worden. Namentlich dem schlanken und zarten Körperbau und dem feinen noch gut erhaltenen Gebiß nach zu schließen war hier die Leiche einer Tochter auf rätselhafte Weise begraben. — Amtsgericht Bern. (K-Korresp.) !Jm Dezember abhin wurde an der Metzgcrgasse in Bern eine scheint« unverbesserliche Betrügerin verhaftet. Dieselbe, eine erst 22 Jahre alte Schneiderin, namens Bertha Berger, heimatgenössig von Lauperswyl und in Thun ausgewachsen, beging vor Neujahr zugestandenermaßen neun Betrugshandlungen zum Nachteil stadtbernischer Geschäfte, indem sie teils unter falschem Namen und angeblich im Austrage von TrittPersonen, teils mit andern unwahren Angaben verschiedene Kleidungsstoffe, Schuhe und andere Kleidungsstücke erhob, -ohne zu bezahlen. Der eingetretene Schaden übersteigt den Betrag von 30 Fr., jedoch nicht denjenigen von 300 Fr. Bereits vor zwei Jahren hatte die Beklagte drei Strafen wegen ähnlicher Delikte erhalten, erstmals zwei, dann vier und schließlich 18 Monate Korrektionshaus. Diese Lektionen haben leider nichts gefruch'et Das korrektionelle Gericht erkannte diesmal aus drei Monate KorrektionshauS; die Kosten des Staates betragen 111 Fr. Es stellte sich keine Civilpartei. — In einem Walde bei Zollikofen beschäftigten sich eine Anzahl Knaben mit Soldaten-KriegSspielerei, wobei einige Waffen trugen Durch einen blinden Schuß aus einer alten Flinte ist dann ein 12jähriger Knabe an einem Oberschenke! ziemlich schwer verletzt worden. — Ronolfingen. In Walkringen ist Herr Walther Rütimeyer, ältester Sohn des Herrn Psarrer Rütimeyer sel., nach langer Krankheit im Alter von erst 46 Jahren gestorben. Der Dahingeschiedene machte seine Lehrzeit als Kaufmann in der Seidenbandweberei Herzogenbuchsee, kam später nach Asten, wo er erkrankte und von wo er vor einigen Jahren in sein Vaterland zucückkehrte und bei seinen Geschwistern liebreiche Aufnahme und Pflege fand. — Seeland. In Wangen mußte wegen plötzlich eingetretener Erkrankung eine Kuh geschlachtet werden, und es konstatierte der herbeigerufene Kreistierarzt Milzbrand. Das Tier wurde d°nn auch vorschriftsmäßig verscharrt.

— Iura. Die Mörderin ihres Kindes. Schon seit einiger Zeit suchte die Pruntruter Polizei eine Magd von Genevey, Marie Gigandet, welche ihre Nieder kunst verheimlicht hatte. Sie konnte letzter Tage arretiert werden und hat nun ein unumwundenes Geständnis abgelegt. Sie hat ihr sechs Wochen altes Kind vergiftet und eS nachher im Walde in der Nähe des Pont d'Abbe in einem 30 cm tiefen, mit einem Stock gegrabenen Loche verscharrt. Die angehobene Untersuchung hat die Aussagen der Kindsmörderin bestätigt. — Oberland. Zum Mord an der Lenk. Dem „Ob. Volksbl." wird geschrieben: „Der außerordentliche Untersuchungsrichter für die beiden Morde an der Lenk ist Herr Gerichtspräsident Pfister in Belp. Derselbe hat sich sofort dorthin begeben und bringt nun hoffentlich Licht in die düstere Sache. Der Ermordete, ein sehr gut beleumdeter, rechtschaffener junger Mann von 22 Jahren, erhielt einen Schuß nicht in den Kopf, sondern in die Brust und dann mehrere wuchtige Kolbenschläge auf den Kopf, so daß der Schaft der Büchse zersprungen ist. Die Büchse wurde dann über ein Rain hinunter geworfen, wo sie gefunden und erkanut wurde. — Verhaftet sind der Eigentümer des Gewehres und sein Sohn, die aber beide unschuldig zu sein scheinen; sodann der schon früher wegen Mordes am Kammacher Eingezogene und dessen Frau." — G e r i ch t s p r ä s i d e n t e n w a h l im Obersimmenthal. Man meldet dem „H -Cour." aus Bern: „Sicherem Vernehmen nach hat der Regierungsrat beschlossen, dem Großen Rate zu beantragen, es sei die Beschwerde gegen die Gerichtspräsidentenwahl im Amtsbezirk Obersimmenthal als begründet zu erklären und die angefochtene Wahl des Lehrers Sensten zu kassieren. Bekanntlich stützt sich die Beschwerde auf die Thatsache, daß dem Gewählten das durch Art. 59 der Staatsverfassung aufgestellte Requisit der Rechtskundigkeit fehlt. Die großrätliche Kommission für dieses Geschäft tritt heute Samstag zusammen. Im Großen Rate selbst wird die Angelegenheit voraussichtlich Montag nachmittags zur Behandlung kommen." Zürich. Aus Pläjfikon am Zürichsee meldet man dem „Schw. Volksfrd.": Letzten Sonntag abend wurde in der Nähe der sog. Lachnerstraße bei Hürden ein männlicher Leichnam aus dem See gezogen, welcher als der eines Viehhändleis von Binzikon-Giüningen agnosziert werden konnte. Man will den Mann am Abend vorher in Pfäsfikon im Besitze von ziemlich viel Geld gesehen haben. Aus dem Leichnam wurden nur wenige Rappen gefunden. — In der Stadt Zürich scheute das Pferd eines Fuhrwerkes in dem Augenblick, als die Besitzerin desselben vom Bocke stieg. Sie fiel zu Boden, wurde dabei ziemlich schwer verletzt und das davonrasende Pferd überfuhr rücklings eine auf dem Trottoir gehende Frau, welch ebenfalls Verletzungen davontrug. Schaffhanse«. In ein Schaffhauser Gasthaus kam letzter Tage, wie das „Schaffhauser Jntelligenzblatt" berichtet, ein deutscher, gut gekleideter, mst Zwicker bewaffneter Retsender und verlangte vor drm Schlafengehen „Eine Flasche Sekt!" Zum Frühstück des andern Morgens befahl er abermals eine halbe Flasche „Sekt", bezahlte und verschwand nach Nmhausen. Um 2 Uhr mittags erschien derselbe Herr in einem Restaurant, verlangte „eine Flasche Sekt", trank aus derselben einige Glas, bezahlte auf Verlangen aus mit Gold und Banknoten vollgesp cklem Portemonnaie, verfiel dann arg betrunken in tiefen Schlaf, aus dem er gegen 6 Uhr erwachte und „eine Flasche Sekt" befahl. Auf Befragen hieß er: Scheffel; im Hotel hatte er sich als B .. . eingeschrieben, und in einem andern, wo er die zweite Nacht logierte, als M Auch in diesem lebte er von „Sekt". Endlich am zweiten Morgen lud ihn die stets aufmerksame Polizei zu sich ins Bureau, bewirtete ihn aber statt mit Sekt mit einer Reibe lästiger Fragen nach Herkunft und Reiseziel. Nach

allerhand widersprechenden Angaben bekannte er schließlich, der Gerichtsvollzieher X. aus Sulz im Elsaß zu sein. Telegraphische Anfrage ergab die Richtigkeit dieser Behauptung und die Bemerkung, daß X schon fünf Tage abwesend sei und sofort zurückkehren solle; ob er hier (in Schaffhausen) etwas verbrochen habe? Aus diese Auskunft wurde natürlich der Häftling sreigelassen mit der Einladung, nach Hause zu reisen. Er verschwand auch sofort per Bahn. Da, andern Tages, kam ein zweites Telegramm von Sulz mit der Meldung, baß gegen X. Strafuntersuchung eingeleitet sei wegen Unterschlagung; man solle ihn festmhmen. Zu spät, der bösartige „Sektierer" war verschwunden.

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