Täglicher Anzeiger für Thun und das Berner Oberland, Band 11, Nummer 99, 28. April 1887 IIIF issue linkLidJenofsenschaft. [SECTION]

LidJenofsenschaft.

— Nationalrath. Die Anträge der Kommission betreffend Ausdehnung der Haftpflicht werden auf Empfehlen Brunners angenommen. Der Entwurf ist somit zum Gesetz erhoben und unter-

!l iegt nur noch dem Referendum, welches aber kaum ergriffen werden wird. Eine längere Diskussion entspinnt sich über das Postulat 3 des Nationalrathes: „Der Bundesrath wird eingeladen, die Bildung von Genossenschasten oder Vereinen zum Zwecke der Kollektivversicherung gegen Unfälle anzuregen und zu fördern". Bundesrath Deuchcr, sowie die HH. Kaiser und Meister opponiren, dagegen wird das Postulat von den HH. Curti, Lachenal und Brunner warm befürwortet. Schließlich wird mit 57 gegen 47 Stimmen beschlossen, daran festzuhallen. Kredite für Kriegsmaterialanschaffungen für das Jahr Die Budgetkommission stellt betreffend das Schuhwerk die Anfrage an den Bundesrath, ob er ein Schuhlager anzulegeu gedenke zu Versuchen mit dem eidgenössischen Normalschuh oder als Reserve für einen Kriegsfall, und wie er sich den Ersatz des zahlreich abgehenden Schuhwerkes im Kriegsfall überhaupt denke. Bnndesrath Hertcnstein theilte hierauf mit, daß allerdings eine Lieferung von 10,00» Paar Schuhen an den schweizerischen Schuhmacherverband vergeben sei, daß auch bereits eine bedeutende Zahl korrekter Leisten an die betreffenden Schuhmacher verkauft worden sei und daß eine Untersuchung der Leistungsfähigkeit der schweizerischen Schuhfabriken ergeben habe, daß im Falle eines plötzlichen Bedarfes täglich 5000 Paar Schuhe erstellt werden könnten. Schulmaterial der Infanterie. Müller (Bern) beantragt die Erhöhung des Ansatzes für Exerzirwcsten um 150,000 Fr., welche nicht nur für den Rekrutendicnst, sondern auch für allen übrigen Dienst behufs Schonung des Waffenrockes und im Interesse des Wohlbefindens des Mannes nothwendig und zweckmäßig seien. Die Anregung wurde an den Bundesrath zur Berichterstattung gewiesen. Sodann stellte Müller das Postulat: Der Bundesrath sei einzuladcn, in der nächsten Session darüber Bericht zu erstatten, ob nicht dem Jnfauterierekruten, in gleicher Weise wie denjenigen der Spezialwaffcn, ein zweites Oberklcid zu geben sei. Es wurde sofort eingetreten und dies beschlossen. — Am 26. April fand eine Versammlung der Linken des Nationalrathes zur Besprechung der Mariahilffragc statt. Brunner legte einen neuen Lermittlungsantrag vor. — Der Nationalrath hat die Konzcssionsertheilung für die Schynige-Platte-Bahn nach Antrag des Buudesrathes ohne Diskussion beschlossen. — Oberländer Thalbahnen. Die Opposition richtet, nachdem eine letzten Samstag im Bundesrathhaus von Fürsprech Michel persönlich abgegebene Einsprache gegen die Kouzessionirung erfolglos geblieben, an die Bundesversammlung eine längere Vorstellung. — Der neue FahrplancMwurf soll die Nachtzüge doch Ivieder aufnehmen. Die Ankunft der beiden Züge finde in Zürich und Genf Morgens um 0 Uhr, die Kreuzung in Bern statt. Es sind nicht bequeme Schlafwagen, die zu diesen Nachtzügeu verwendet werden, sondern alte Rumpelkästen, in die nur sitzt, wer muß. — Zu Anfang dieses Jahres erschienen in der Schweiz 692 öffentliche Blätter, nämlich 113 im Kanton Bern, 99 in Zürich, 84 in der Waadt,

57 in St. Gallen, 50 in Genf, 47 im Aargau, 43 in Baselstadt, 24 in Solothurn, 22 in Freiburg, 21 in Neuenburg, 19 in Graubünden, 17 im Thurgau, 15 in Luzern, je 14 in Schwyz und Tessin, 13 in Schaffhausen, 8 in Baselland, 7 in Appenzell A.-Rh-, 6 in Wallis, 5 in Glarus, 4 in Obwalden, je 3 in Uri und Zug, je 2 in Nidwalden und Appenzell J.-Nh. Bern. Großer Rath. Verhandlungsgegenstäude für die am 9. Mai beginnende Sitzung: 1. Gesetzesentwürfe zur ersten Bcrathung: Forstgesetz, Fortsetzung der Berathung. Gewerbebetrieb der Gelddarleiher, Pfandleiher und Trödler, sowie Wucher. Abänderung und Ergänzung der Gesetzcsvorschriften über die direkten Steuern. Revidirtes Gesetz über die Stcmpclabgabe und die Bankuotensteucr. Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgcgenstäuden. Abänderung des Gesetzes über die Hundetaxe. Vereinfachung und Ersparnisse in der Staatsverwaltung. 2. D e k r e t s e n t w ü r f e. Vereinigung der Gemeinde Hauben mit Oberdiesbach. Vereinigung der Gemeinde Wyl mit Alchenstorf. Veränderung im Bestände der Gemeinden Otterbach, Inner- und Außerbirrmoos, Barschwand und Schönthal. Umschreibung der reformirten Kirchgemeinde Dclsberg. 3. Vorträge: Vertheilung der Direktionen. Zweiter Stallbau auf der Domäne Rütti. Anzug Bigler betreffend Molkereischule. Kreisschreiben des Negierungsrathcs betreffend Stimmrecht an den Einwohnergemeinden. Petitionen, Gesuche, Anfragen, Käufe und Verkäufe, Nachkredile, Bericht über die gegenwärtige und zukünftige Finanzlage des Kantons ec. in großer Zahl. 4. Wahlen: Des Präsidenten, der zwei Vizepräsidenten und der zwei Stimmeuzähler des Großen Rathes; des Regierungspräsidenten, des Gcneralprokürators, des Kantonsbuchhalters, des Salzhandlungsverwaltcrs, des Verwalters der Strafanstalt in Bern, des Oberingenieurs, eines Ersatzmannes und des Auditors am Kriegsgericht, der Regierungsstatthalter von Aarbcrg und Aarwangen, des Gerichtspräsidenten von Freibergcn und von Stabsoffizieren. Die Wahlen finden Mittwoch den 11. Mai statt. — Arbeit genug für eine dauerhafte Sitzung. Bern. Regicrungsrathsverhandlnngen. Den von den Geometern Beyeler und Schmalz ausgeführten Vermessungswerken der Gemeinden Münchenbuchsec und Ottcrbach wird die Genehmigung ertheilt. — Herr Moritz von May von Bern wird als Lieutenant der Artillerie brevetirt. — Der ökonomischen Gesellschaft des Kantons wird der übliche Jahresbeitrag auch für das Jahr 1887 zuerkannt. — Staatsrechuung. Nach dem „Dämocrate" würde die Staatsrechuung für 1886 mit einem Einuahmeu-Ucberschuß von zirka 50,000 Fr. (statt einem im Budget vorgesehenen Defizit von 150,000 Fr.) abschließen. — A l k o h o l v o r l a g e. Die Sonntags in Obcrburg abgehaltene, von über 250 Mann besuchte Volksversammlung war eine begeisterte Kundgebung zu Gunsten des Alkoholgesctzes. Hr. Großrath Fueter - Schnell in Burgdorf wußte in überzeugender Weise die Versammlung für die Vorlage zu gewinnen. Ebenso kräftig sprach sich Hr. Groß-

rath Walther (der übrigens selbst Brennereibesitzer' ist) für das Gesetz aus. Mit Einstimmigkeit wurde beschlossen, für die Gesetzesvorlage einzustehen. — Bern. Stadt. Am Montag war Dienstmann Schneider damit beschäftigt, im vierten Stock eines Hauses an der Christoffelgasse die Vorfenster gegen den Hof abzuuehmen, als er plötzlich mit einem derselben ausglitt und auf das Pflaster hinunterfiel. Bewußtlos vom Boden aufgehoben, verschied er auf dem Transporte nach dem Spital. — Seeland. Nach der Station Magglingen werden von den größeren Stationen der ll. L. U.Bahn direkte Billets ausgegeben werden, wie es andere Schweizerbahn-Gesellschaften nach dem Rigi und nach Glion ebenfalls thun. Die Bahn soll am 1. Juni eröffnet werden. — (Eingesandt.) Aus der neuen schweizerischen Konserveu-Fabrik Rorschach bezogene Früchte sind von sehr angenehmem Geschmack, äußerst appetitlich verpackt und detzhalb Jedermann wohl zu empfehlen. Eingemachte Kirschen, Aepfel, Birnen sind wahre Delikatessen als Dessert, worauf wir besonders die besseren Familien und die Herren Hotelbesitzer aufmerksam machen. — Konolfingen. Am Blechtag in Münsingen betheil'gten sich außer der festgebenden Gesellschaft Münsingen die Gesellschaften Thun, Schwarzenburg und Wichtrach. Noch sozusagen in der letzten Stunde zeigten Ferrenberg und Oppligen den Rücktritt an, daß schließlich von 10 angemeldeten Gesellschaften nur drei sich betheiligten. Die Leistungen verdienen lobend hervorgehoben zu werden und das Festchen wickelte sich recht fröhlich und gemüthlich ab. — Vor einigen Jahren äußerte der Gemeinderath von Thierachern, wie man dem „Geschäftsblatt" schreibt, den Wunsch, es möchten die durchwegs üblichen Leichemnähler abgeschafft, dafür aber durch entsprechende Gaben in die Gemeindekrankenkassc der armen Kranken der Gemeinde in christlicher Liebe gedacht werden. Auch sonst empfahl er die Kasse jedem edlen Menschenfreunde zur gütigen Berücksichtigung. Im Jahre 1882 betrug die Passivrestanz der Krankenkasse Fr. 994. 96. Dagegen zeigt die Rechnung von 1886 eine Aktivrestanz von 31. 37 Franken und diese im Verlaufe von 5 Jahren sich vollzogene Besserstellung der Kasse um Fr. 1026.32, ist die Folge eines gewiß nur schüchtern geäußerten Wunsches einer Behörde. Als edle Geber, die das letzte Rechnungsjahr die Kasse mit schönen Geschenken bedachten, finden sich verzeichnet die Herren Löctscher-Respinger und Pfarrer Hirsbrunner und sodann die Erben des Hrn. Obmann Streit sel. und die Erben des Hrn. Fr. Wyß sel. Die edlen Geber verdienen warmen Dank. ckuzern. Letzten Montag Nachmittag, bei Anlaß des Schüpfheim-Marktes, gelang es einer Kuh, einem Unter-Emmenthaler angehörend, während der Fahrt aus dem Transportwagen zu entspringen. Diesen Entweichungsversuch hat das liebe Vieh mit dem Tode büßen müssen und wird die Bahngesellschaft den Schaden zu tragen haben. Sotothurn. Das „Olt. Tagbl." schreibt: „Die Lage des Kantons ist eine ernste, wie sie

es seit längster Zeit nicht mehr gewesen. Während man im Staatshaushalt nach Kräflen sparte und darbte und manchen dringenden Bedürfnissen aus Sparsamkeitsrücksichten nicht zu begegnen wagte, hat eine Clique von Blutsaugern die Gelder, welche der öffentlichen Wohlfahrt, dem Aufschwung unseres Verkehrs- und Geschäftslebens dienen sollten, in einer Weise ausgenützt, die unglaublich ist, und dem Staate einen Schaden zugefügt, wie ihn auch die schlimmsten Befürchtungen nicht besorgten. Man begreift, daß Land auf Land ab der Unwille im Volke groß ist. Die gegnerischen Blätter sind auch bereits eifrig an der Arbeit, das Feuer zu schüren und zum verzehrenden Brande anzufachen. Das Blatt verlangt ein energisches Vorgehen der Negierung und eine sofortige Einberufung des Kantonsrathes, damit das Land eine offene ungeschminkte Darstellung der Verhältnisse erlange und die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden. — Im Anschluß an den Beschluß des Regierungsrathes betreffend Totalrevision der Verfassung durch einen Verfassungsrath, mit welchem der Regierungsrath sein Mandat in die Hände seiner Wahlbehörde zurücklegt, reichte die Direktion der Kantonalbank (die Herren Munzinger, Trog und Burkard), sowie deren Suppleanten (die Herren Buggle und U. Brosi) und die beiden Direktoren (die Herren Heutschi und Kaufmann) dem Tit. Regierungsrath zu Händen der kantonalen Bankkoinmission am 25. April ihre Demission ein. — Die Arbeiterpartei der Stadt Solothurn veranstaltete auf Montag Abends im Restaurant Schöpfer eine öffentliche Versammlung zur Besprechung der gegenwärtigen Lage des Kantons Solothurn. Die Versammlung wurde eröffnet und geleitet durch Hrn. Adolf Stampfli, Sekretär. Als Referenten waren bestellt die Herren Euscb Vogt, Ingenieur, und Rud. Stüber, Oberförster. Es betheiligten sich ferner an der Diskussion Hr. vr. für. Alb. Brunner und Hr. Kaufmann, alt Volksbankdirektor. Alle Redner machten für die fatalen Vorfälle auf der Bank die liberale Partei verantwortlich und gelangten zur Resolution: Totalrevision und Abberufung des Regierungs- und Kantonsrathes.

— Auf Einladung der solothurnischcn Kantonalbank versammelte» sich am 14. April letzthin die Hauptgläubiger des Uhrenfabrikationsgeschüftes Roth und Cie. in Solothurn. Eine von dieser Bank angeordnete Untcrsiichnngskonunission erstattete Belicht über die finanzielle Lage des vorgenannten Hauses. Den Gläubigern zeigte sich ein trostloses Bild. Die Passiven betrugen 2,600,000 Fr., während die Aktiven nur 800,000 Fr. erreichen, somit ein Defizit von 1,800,000 Fr. vorhanden ist. Angesichts einer solchen Sachlage und in Anbetracht der früheren, ein Jahr vorher geführten Untersuchung, welche dazumal einen ganz befriedigenden Stand der Firma aufwies, wurden nun die Bücher untersucht und cs stellte sich heraus, daß dieselben gefälschte Bilanzen aufweisen, denen man unbegreiflicher Weise Glauben schenkte, ohne sich selbst zu überzeugen, weil eine hoch angesehene Persönlichkeit die Buchhaltung führte. — Der kath. Männerverein der Stadt Solothurn hat sich gegen das Alkoholgesetz ausgesprochen. Es referirte auch Dürrenmatt. Nssel. Kürzlich wurde in St. Ludwig ein junger Mann. Namens Vortisch, aus Basel verhaftet, weil er dem dortigen Gensdarmen die Worte: ,V1ve la Ill-auee" zurief. Vortisch wurde nun von der Strafkammer in Mühlhausen zu 14 Tagen Gefängniß, 100 Mark Geldstrafe (an deren Stelle im Nichtbezahlungsfalle weitere 14 Tage Gefängniß treten) und zur Tragung der Kosten verurtheilt. Der Verurtheilte muß die Strafe sofort antreten. Wäre er ein Elsäßer gewesen, so würde die Strafe noch viel empfindlicher ausgefallen sein. — Von 9401 Stimmberechtigten haben sich 6185 an den Großraths-Wahlen betheiligt, also zirka 65"/„. Das Schlußresultat der Großrathswahlen vom Sonntag ist 110 Gewählte: 71 Freisinnige, 3 Zentrumsvertreter, 36 Konservative. 20 Stichwahlen stehen noch aus. Von den 10 Ultramontancn ist kein einziger gewählt. Granbündtn. Das Begehren für die Unentgeltlichkeit der Lehrmittel wurde von der Stadtgemeinde Chur mit 834 gegen 486 Stimmen verworfen.

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