Seeländer Bote, Band 49, Nummer 6, 13. Januar 1898 IIIF issue linkAus den Kantonen [ARTICLE]

Aus den Kantonen

Zürich. Bom Zürcher Obergericht wurden 6 junge Burfchen von denen der ältefte kaum

das 16. Alter8jahr überfchritten, wegen mehreren Diebfjtählen, darunter ein Ladendiebjtahl bei dem fie 305 Zr. in bar erwifchten, verurteilt, Der RNüädelsführer wurde mit 6 Monaten Arbeitshaus beftraft. Sin zweiter erhielt 4 Monate, ein dritter 2 Monate, der vierte 1 Monat, der fünfte 8 Tage und der jechite 4 Tag Gefängnis. Hoffentlich gelingt eSänoch, die jugendlichen Verbrecher wieder auf den Pfad eines ehrlichen, rechtfchaffenen Leben8iwandel8 zu führen. Die Strafen find alle in Sinzelhaft zu verbüßen. — Der Kantonsrat hat zum Präfidenten Forrer, zu Bizepräfidenten Abegg und Amsler gewählt. — In Bürich neckten Sonntag nachmittags nahe dem Wolfbach Knaben einen jtarf Betrunfenen. Da gelang e8 dem leßteren, einen der Burfchen zu ergreifen; er hob denfelben in die Höhe und warf ihn Iroß dem Gejchrei der andern Über die Brüftung in das mehrere Meter tiefe Bachbett hinunter. Der Knabe kam mit einigen Yuetfhungen und zerriffener Kleidung davon. — GCin an einer Baute in Enge-Zürich befchäftigter Handlanger wurde am Samstag von feinen: Polier dariiber betreten, als er ihm nicht gehöriges Handwerkszeug mit fortnehmen wollte. Bei der fich darüber entfpinnenden Erörterung türzte der Dieb in den Keller und fcheint hiebei jtarke innere VBerFegungen davongetragen zu Haben. — Wegen TZeilnahıme an dem großen Uhrendiebjtahl bei UhHrenhändler Galli an der Tonhalejtraße in Zürich wurden die Gebrüder Goobi vom Kreisgericht Bozen zu 4 und 6 Monaten verurteilt. Der Hauptbeteiligte Montini wird immer noch von der Polizei gefucht. Er foll jich in Südamerika aufhalten, Obgleich ein großer Teil der gejtohlenen Uhren wieder zum Borfchein kant, beziffert der Bejtohlene feinen Berluft immer noch auf ettva 13,000 Fr. Qnzern. In Keinach verunglückte Samstag abend8 ein älterer Mann von Münfter. In etwas angeheitertem Zuftande kam er dem Herankommenden Zuge zu nahe und wurde an eine Telegraphenjtange gefchleudert, jo daß er einen fchıweren Schädelbruch erlitt und bald darauf verfchied. Wie ec8 Heißt, joll der Verftorbene jchon feit längerer Zeit in geiftiger Beziehung nicht ganz normal gewejen fein. Uri. Dem Landrat wurde eine Motion Cpp eingereicht, e& jei das Tanzen am Kirch weihfonntag nach dem nachmittägigen Gottes: dienjt gegen Erlegung einer Gebühr für Armenzivecke zu geftatten., Wie die „©otth. Poft" vernimmt, ijt dem Motionsfteller angezeigt worden, daß die Geiftlichkeit gegen diefe Anregung Stellung nehme, und e8$ fei nun Dderfelbe gezwungen, um einem „Kultur: fampf" auszumweichen, auf feine Motion zu verzichten. SchtwhHz. Die „Schwyzer Zeitung" erzählt: Ein Schönbüchler aus Einfiedeln, der in Schwyz aus verkauften Zellen etwas Geld eingenommen Hatte, verließ nachts um 1 Uhr ein Wirtshaus in IbachH und wollte nach Seeiven. Da ev den Weg nicht kannte, anerbot fich ein Sajt, ihn zu führen. Er führte idn dann nach einem abgelegenen SGaden, überfiel ihn, fcHlug ihn mit einem Stocke nieder, würgte ihn und raubte ihn Geld. Beutel und Hut. Schüönbächler fand nachher

Aufnahme bei einem Bauersmann, welcher dann früh morgens mit ihm nach Jbach ging, um die Wirtfchaft und den ThHäter ausfindig zu machen. Die Wirtfchaft fanden fie nicht jofort; als fie aber in Hinteribach in einem Wirtshaus einkehHrten, fjaß Zufällig dort bei einem ganzen Liter ein Saft, den Schönbächler rafch als den nächtlichen Näuber erkannte und der auch ScHhönbächler8 Hut mit BlutIpuren auf dem Kopfe trug. Der Bezeichnete wurde fchleunigjtens polizeilich eingebracht; er ijt der fogenannte rote Boli (Wiget); nebjt Schönbüächlers Hut wurde auch noch defjen Geldbeutel auf ihın gefunden. — In Brunnen hielt ficH feit einigen Wochen ein angeblicdhes Ehepaar Reuß aus Mainz auf. Die Leute Hatten fich in einer Penfion eingemietet und lebten da Herrlich und in Freuden. Mit der Zeit machten fie fich aber durch die großen Geldausgaben für Zuhrwerke. 2c. auffällig und die Polizei fand fich veranlaßt, ihre alles riechende Maje Hinz einzujtedden. € zeigte fich jofort, daß der Mann identijch jei mit einem im allgemeinen. Polizeianzeiger ausgefchriebenen Karl Wolljtädter, Poftgehilfe, aus Rüdesheim, Hhein, welcher vier Geldbriefe im Gefjamtwert von 6176 Mark unterfchlagen und fich damit flüchtig gemacht Hatte. Bei der am Samstag erfolgten Berhaftung fanden fich noch etwa 2000 Mark auf dem Schwindler vor; der Heft war mittlerweile bei Wein und Dirnen den Weg alles Fleijches gegangen. ! Nidwalden. Der Regierungsrat erklärt jeine Buftimmung zur Motion Hochftraßer. Zug. Zu dem in legter Mummer angezogenen interefjanten Hechtsfall bezüglich der BaHnhHofverlegung in Zug macht ein Korrejpondent der „Gotthard-Poft" u. a. folgende aufflärende Bemerkungen: MKichtig ift, daß das Bundesgejeß betreffend die Verbindlich: feit zur Abtretung von Privatrechten vom 1. Mai 1850 in gewiffen, genau Dbeftimmten Hüllen dem frühern Fnhaber des abgetretenen Recht? die Befugnis einräumt, dasfelbe gegen Hückerftattung der dafür erhaltenen EntjHäz digungsfummen wieder zurückzufordern. Diefe Befugnis ift unter anderm gegeben, wenn das abgetretene Hecht zu einem andern Zwecke als zu demjenigen, für welchen e& abgetreten worden ijt, verwendet werden will, vder wenn. e8 binnen zivei Jahren nach erfolgter Abtretung zu dem Abtretungsziwecde nicht benußt worden ijt. Wie das Bundesgericht wieder: Holt entjchieden Hat, tritt aber daz Rück forderungSrecht des frühern Befigers nicht ein, wenn das abgetretene Objekt zu dem Sffentlichen Werke verwendet worden ift und erjt Binterher feiner Beftimmung wieder entzogen wird. Machdem das in Frage ftehende alte BahHnhHofgelände beinahe 40 Fahre lang dent Erpropriationszivecte gedient Hat, fo it allerdings die Meinung, e8 fönne dasfjelbe von den Exrpropriaten, beziehungSweije von, ihren Kechtsnachfolgern heute wieder zurücgefordert werden, al8 eine jehr naive z3U bezeichnen. | Freiburg. Im Alter von 77 SZahren jtarb in Freiburg Hr. Fridolin von Meynoldde Pralettes, der dem Stante lange Fahre als Stantskanzler gedient Hatte, | — In Mijery Hat ein MutterfHiwein innert. 2 Jahren 63 Junge geworfen. | — Beim Holzfälen in der Nähe von Salmis (Greyerzbezirk) wurde ein Wrbeiter von einer |

jiürzenden Zanne in den Abgrund geriffen, wojelbijt der Unglückliche tot aufgehoben wurde. Solothurn, In St. Bantaleon trug fich feßte Woche ein Borfal zu, der Leicht [chıvere Folgen hätte Haben Lönnen. Ein junger Burfche imanipulierte mit einen Itevolver, den er, wie e8 heißt, entladen wollte, fo ungefchickt, daß Jich ein Schuß entlud und das Gejchoß feiner vor ihm ftehenden Mutter ins Seficht drang. Das Kügelchen fteckt noch im Kopf, doch Joll die Zrau weiter feine Schmerzen fpliren und fich wohl befinden. Bafelland, In Laufen entleibte fih am Sonntag ein 17 Jahre alter Knecht im Stalle feines Meifters. — In der Cementfabrit . Münchenftein geriet Freitag abendS der pflichtgetreue Ma[Oinijt Winifjtörfer beim Abjtellen eines Hiemens in8 Getriebe und wurde fo zerdrückt, daß er in einer Stunde den SGeijft aufgab. Er Dinterläßt eine Frau und ein PflegeKind. Appenzell A.-NRh. Der Regierungsrat von Außerrhoden Hat dem eidgen. Departement des Innern geantwortet, daß er eine Hebifion der Bundesverfajffung im Sinne der Motion Hochjtraßer für nicht angezeigt erachte. St, Gallen. Cine am Sonntag in St. Gallen abgehaltene, aus allen Bezirken be: jchickte Delegiertenverfammlung des kantonafen [andwirtjchaftlichen Bereins befchloß, für den EijenbaHnrückkauf einzutreten und beauftragte das Komitee, einen bezüglichen Aufruf an die Bevölkerung zu erlaffen. — Der Gemeinderat von Horfchach hat verfügt, daß neuerftellte Wohnungen nicht bezogen werden dürfen, bevor drei Sommeroder fechSs Wintermonate verflofjen find nach der Bolendung de8 inneren Berpußes. — Beßten Donnerstag wurde in Buchs ein Durchbrenner aus Zürich verhaftet. € ijt cin Ausläufer eines dortigen SefchäftsHaufes, der mit verfchiedenen Beträgen im Sefamtiverte von 1100 Fr., die er Hätte auf die Poft bringen folen, das Weite gefucht. Das Geld wurde noch ziemlich vollftändig bei ihm bvorgefunden. Sraubünden. In Malix ijt, wie ge: meldet, der Wildhüter Jakob Schmid, als er einen geifteSgeftörten Nachbarı vom Selbjtmorde bewahren wolte, mit dem Frrfinnigen vom Dache geftürzt und fofort verfchieden. Nach einigen Stunden ift dann auch der andere feinen Berleßungen erlegen. Wie man Hört, war diefer GeifteSgeftörte, übrigens ein wohlhabender Mann, fchon lange in einem Bujtande, der feine Ueberführung in ein SIrrenhaus notwendig gemacht hätte. Aber nach [cOlimmer alter Sitte hat man damit abgewartet, bis eine Xatajtrophe eingetroffen ijt. Schon zwei Mal habe fih der Mann von der Stallbiühne in felbjtmörderijher AWbficht auf die Tenne Hinabgeftürzt, und das tragijche SGefchict wollte, daß nun beim dritz ten VBerfuche auch ein wacerer Nachbar mitgeriffen worden ift. — Davos hat zur Zeit 2360 Kurgüälte. Darunter find 743 Deutfche, 645 Engländer, 279 Schweizer, 174 Franzofen, 134 HAuffen, 112 Holländer, 78 Belgier. Das Eis auf dem Davofer Sec Habe gegenwärtig eine Die von 40 Cm. Die Ausfuhr von Eis hat bereits begonnen. Ein Davofjer Lieferant hat fich einen trefflich funktionierenden Eispflug,

wie er auf dem KXlönthalerfee gebraucht wird, fommen Taffen — Bu Cumbeis in Lugnez ftarb neulich ein alter finderlojer Mann, Jakob Balth. Bieli, der durch feine WohHlthHätigkeit bei der ärmeren Kaffe fich ein dauernde8 gutes Andenken gefichert hat. Bon Haus aus wohlabend, verwandte er jtetsfort feinen Erwerb vielfach und in zwecmäßiger Weife zu gun iten feiner wenig bemittelten Mitbürger. Seit Sahren hielt er einen Berkehrsladen, wobei er ärmeren Leuten die Waren zum Selbjtfojtenpreis oder noch billiger erließ; er kaufte auch während ganzer Winter ein Quantum Milch und verabreichte fie armen Leuten ; überdies hielt er ftet$ ein Paar Zugochfen und ftellte fie den Bedürftigen zur Befors gung ihrer Holzfuhren, Feldarbeiten 2C. ZUr Verfügung. Teffin. In der Schule in Nirolo nahın der 13jährige Sohn des BahHnangeftellten Civccarelli eine DYnamitkapfel aus der Tajche, die er gefunden, und fpielte mit derfelben fo lange, bis fie explodierte, dem Knaben beide Hände mehr oder weniger verleßend. — Aus Chiaffo wird gemeldet: Int benachbarten italienijchen Dorfe Saltrio trat ein Zeil der Bevölkerung zum evangelifchen Slauben über, nachdem der Bifchof fich geweigert hat, der Gemeinde den Pfarrer ihrer Wahl zuzugeftehen. Sin evangelifcher Seiftlicher funktioniert bereits in S©altrio. Waadt. Der Sohn Bolomey von Lutry, der unter dem Berdacht verhaftet war, feinen tot aufgefundenen Bater erfchlagen zu haben, ijt als unfchuldig in Freiheit gefeßt worden und e8 Hiegt fomit iwenigjten8 fein VBatermord vor. — In Corcelles bei Payerne wurden WildfhHiweine bemerkt. | Senf. Sin Italiener, der feinen Freunden erklärte, das Verbot die elektrifchen Lei: tungSdrähte zu berühren, Habe keinen Zweck und ihnen das vordemonjtrieren wollt", wurde beim Berlihren der Drähte augenblicklich getötet, — Yın Silvejterabend fand ein Arbeiter in Senf ein Couvert mit drei Checks im Sejamtwerte von Fr. 21,000, Er beeilte fich, den Zund dem rechtmäßigen Befiger zuzuitellen. Diefer empfing den ehrlichen Mann jehr zurückhaltend und gab ihm als Finder Iohn volle fünf Franken. — In foldhen Fällen eflatanter KXnauferei Jollte der Finder nie verfäumen, den gefeßlichen Anfpruch geltend zu machen.

Vorherige Ausgabe

Alle Ausgaben dieser Publikation durchblättern.

Nächste Ausgabe

Vorherige Suchergebnis

Zurück zur Ergebnisliste

Nächste Suchergebnis

Vergrössern / Verkleinern

Rechtsklick auf einen Artikel um weitere Optionen anzuzeigen

Qualitätskontrollmodus aktivieren

Ausschneiden starten

Vergrössern

Verkleinern