Eidgenössische Zeitung, Nummer 98, 9. April 1849 IIIF issue linkSchweizerische Eidgenossenschaft. [ARTICLE]

Schweizerische Eidgenossenschaft.

Zürich. (Eingesandt.) Jüngster Tage kam nachstehender interessanter Fall zur Entscheidung vor Obergericht. R. S. Von A. wünschte eine Summe Geld von st. 4000 zu entlehnen. In dem Gelvaufbruchschein heißt es : „Auf den als Unterpfand? einzusetzenden Gütern haften st. 190(3 laut Brief dem N N. „ 900 an einen st. 8454. 24 ß. Brief. Herrn N. N. „Diese Vorstände sollen aus dem Darlehen abbezahlt wer„den. Im Fernern noch in einigen Briefen hast, die aber von „Andern verzinset und bei Errichtung eines Schuldtitels spe„ziell aufgezählt werden." Die Zinskommission kontrahirte das Darlehen unter der Vedingung. daß ihr ein vorstandSfreicr Schuldbrief ausgefertigt werde. In dem ihr bald hernach zugestellten Schuldinstrumen te erschienen obige zwei Posten allerdings nicht mehr unter den Vorständen, dagegen wurde der erwähnte st. 8454 betragende Schuldbrief weniger die st 900 nunmehr in den Anhang gebracht, so daß also die sämmtlichen Unterpfand? deS neuen Schuldbriefes noch wie vor in diesem Vorstandsbrief verhaftet bleiben sollen. Die Zinskommisfion weigerte fich, gegen einen solchen Brief das Geld zu schießen, indem sie behauptete, der Sinn deS abgeschlossenen Darlehei'vertrags könne doch kein anderer sein, als daß der Vorstand des Schuldbriefs von st. 8454 gänzlich getilgt und die Unterpfand? deS neuen Briefes von dieser Schuld befreit werden müssen, nicht aber daß derselbe nur von den Vorständen lediglich in den Anhang könne gebracht werden, unter denen er bisher noch nie erschienen sei. Da zudem der Notar in der Schulvkopie dnßfalls auch nicht die mindeste Bemerkung beigefügt habe, so hätte es der Zinskommission auch nicht träumen können , daß man bloß eine solche Manipulation beabsichtige, durch die sie nur auf eine arge Weise sollte getäuscht werden Die Majorität des Obergerichtes erkannte aber: Es sei Beklagte schuldig, dem Kläger gegen die Uebergabe des st 4000 haltenden Schuldbriefes die Summe von st. 4000 nebst Zins Vom 19. November V. I. bis zur Zahlung zu bezahlen , in der Meinung jedoch, daß aus dieser Summe die st. 2800 betragenden Vorstände getilgt werden sollen , und es habe Beklagte die Kosten und an den Kläger eine Entschädigung von 24 Fr. zu bezahlen Die Zinskommisston glaubte ein Darlehen geschlossen zu haben, bei welchem die Unterpfande ihres Briefes von dem Kapital von st. 8454 befreit seien, daS Obergericht erkannte das Gegentheil Die Beunheilung dieses Unheils vom rechtlichen und moralischen Standpunkte aus, so wie hinsichtlich seines Einflusses auf den Kredit im Allgemeinen ist Jedem anheimgestellt, und es wird schließlich nur bemerkt, daß wenigstenS die beiden Präsidenten diesem Urtheile nicht beigestimmt haben und daß Gelvaufbruchschein und Schuldinstrument von dem Notar des Bezirkes Affoltern ausgegangen ist.

Ein anderer Fall, der etwelchen Aufschluß darüber ertheilt, woher die schreckliche Vermehrung der Prozesse kommen möchte, ist folgender : , „Zwei Seimen aus dem Kanton Schwyz nahmen eine SennHütte in Pacht, um Käse zu bereiten. Sie engagirten die Viehbesitzer dortiger Gegend, ihre Milch in die Sennhütte zu liefern, und diese beauftragten zwei aus ihrer Mitte, mit den Sennen in Unterhandlung zu treten und allfällig einen Lieferungsvertrag abzuschließen. Der Vertrag wurde zu Stande gebracht und zwar mir der Bestimmung , daß für die zu verkaufende Milch ein Bürge und Zahler bestellt werden müsse, das eine Eremplar mit den Unterschriften der meisten der Milchbauern versehen, den Sennen, und das andere von Letztern und den zwei Abgeordneten unterzeichnet, den Milchbauern zu Händen gestellt. Ganz nach der Bestimmung des Vertrages fand nun während dem Sommer des JahreS 1848 die Lieferung detz Milch in die Sennhütte statt. Als nun auf Martini die Zahlung der Milch nicht erfolgte, und Schuldner und Bürgen «Itter allerlei Vorwänden der Zahlung fich zu entziehen suchten, so wurden dieselben, gestützt auf den gleichen Vertrag, von sämmtlichen Milchbauern um Zahlung belangt, und zwar wieder durch daS Mittel einiger gewählten Ausschüfst, Die Sennen und der Bürge, die natürlich an der Beförderung und Vereinfachung der Sache kein großes Interesse fanden, behaupteten nun, der Prozeß könne nicht von sämmtlichen Milchbauern gemeinschaftlich gegen sie geführt werben, sondern jeder habe seine Klage besonders anzubringen und einen eigenen Prozeß zu führen, und zwar, je nach dem Betrag der einzelnen Posten, die einen bei dem Zunftgerichte und Bezirksgericht, die andern beim Bezirksgericht und Obergericht. Die Milchbauern opponirten dagegen, wurden aber vom Obergerichte belehrt, daß die prozessualische Ordnung eö erfordere, daß der Prozeß nicht in einem Male abgethan werden dürfe, sondern daß zwölf verschiedene Prozesse über die gleiche Frage geführt werden müssen , wobei dann noch leichr der Fall eintreten kann, daß das Bezirksgericht als Appellationsinstanz dieselbe Frage ganz anders beurtheilt als das Obergericht. Anmerkung der Redaktion. Daß diese beiden Bilder auS dem zürcherischen Rechtsleben, deren Mittheilung wir übrigens sehr verdanken, auch noch einer andern juristischen Auffassung fähig find, möchten wir doch nicht verhehlen. — Der Regierungsrath hat Herrn Caumont, V. D. M., mit 6 Stimmen zum Pfarrer an der französischen Kirche gewählt. Sein Mitbewerber, Herr Malherbes, Pfarrer von Orbe, hatte 5 Stimmen. R L u z e r n. Herr Philipp de Vom, außerordentlicher Gesandter der römischen Republik bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, hat von Bern aus unterm 3. April der Regierung von Luzern die Anzeige gemacht , daß die römische Republik, da nun die weltliche Macht des Papstes 6s facto I et de jure an sie übergegangen sei, die Entlassung der päpstlichen Leibwache angeordnet habe, und daß sie getreulich den

Bestimmungen der daherigen Kapitulation nachkommen werde. Nach drei Monaten werde die Garde entlassen und jedem noch ein Monatsfold zur anständigen Heimreise ausbezahlt werden. Die mit Papst Leo XII. abgeschlossene Kapitulation destimmt allerdings, daß, wenn der Papst je diese Garde auflösen würde, 3 Monate vorher die Anzeige davon gemacht und jedem Entlassenen zur Heimreise noch ein Monatssold ausbezahlt werden soll. Der Artikel über die Penstonen gibt jedem für 20 Jahre anhaltenden Dienst Anspruch auf die Hälfte des gewöhnlichen Soldes, für 30 Jahre drei Viertheile desselben und für 40 Jahre den ganzen Sold. Hinsichtlich der 3 Monate Aufkünvungsfrist, sagt also das Schreiben von Boni, werde die Republik die Kapitulation einhalten — über die Pensionen aber sagt dasselbe nichts. Wir glauben, die Regierung von Luzern habe diese Mittheilung mit der allergrößten Umsicht zu behandeln, damit sie sich weder kompromittlre, noch die Interessen ihrer Angehörigen verletze. (Eidg.) N e u e n b u r g. Am 3. sollte der Preßprozeß deS Herrn v. Rougemont vor dem Obergerichte behandelt werden. Der Angeklagte hatte aber vorgezogen, das Land zu verlassen, und der unterrichterliche Spruch auf 9 Monate Gefängniß und 600 Fr. Geldbuße wurde somit rechtskräftig. Genf. Der Große Rath hat für James Fazy Herrn Duchosal, der die letzte Volksversammlung präsivirle, in den S.tänderath gewählt. — K. Heinzen läßt am Schlüsse seiner Erklärung m der Berner-Z. folgende lächerliche Drohung fallen : „Von dem schweizerischen Volk aber, wenn auch dieses noch immer kein Interesse an dem Schütz fremder Republikaner findet, appellire ich an die republikanische Partei in Deutschland. Die Zukunft muß zeigen, ob eS der Schweiz von Nutzen ist, aus der Versolgung der deutschen Republikaner ein förmliches Regierungsfystem zu machen. Ich wünsche im Interesse eines Einverständnisses, für welches ich bei jeder Gelegenheit gewirkt habe, daß man nicht die republikanische Partei in Deutschland zur Feindseligkeit zwinge. Hat diese Partei auch noch nicht die Gewalt in Händen, so ist sie doch zahlreich, frei und stark genug, um Hebel in Bewegung zu setzen, deren Wirkungen den schwerzerischen Behörden unangenehmer werden dürften , als lächerliche Noten arroganter Diplomaten oder Lügenberichte verzweifelnder Spione." Der „Setzer" konnte sich nicht enthalten, in einer Note diese Drohung eines Republikaners unwürdig zu nennen. Die Redaktion der Berner Ztg. schweigt dazu.

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