Bündner Nachrichten, 27 novembre 1887 IIIF issue linkZwei Demifstsnare [ARTICLE]

Zwei Demifstsnare

Es ist nicht fchwer zu errathen , wen wir nnt diefem Titel meinen . Der erste ist der Präsident der französischen Republik , Jules Grevy , welcher nach einer langen staatsmännischen Carriöre wohl für immer aus dem Staatsdienste fcheidet , um den Abend feines Lebens bei feinen geliebten Studien in Nout-80 U 8 Va , uäi < 3 ^ , wo er am 15 . August 1813 geboren wurde , zuzubringen . Ist fein Rücktritt aus dem höchstcn Amt der Republik nicht fo rühmlich , als man es dem um fein Vaterland vieloerdienten Manne von Herzen hätte wünfchen mögen , fo ziemt es sich doch , ihm beim Abfchied ein Wort der Erinnerung und Anerkennung zu widmen . Und da in den „ Basler Nachr . Einer , der es besser versteht als wir ( Hr . St . Born ) , Grevy diefes Wort gewidmet hat , fo mag es hier Platz finden . „ Der kluge Iurafsier verstand es , wie kein anderer Franzose es fertig g bracht hätte , unter allen Wirrnissen der Präsidenlfchaft stets ruhigen Bluts und guter Laune zu bleiben . Er hatte in feiner langen politifchen Laufbahn fo vielerlei Menfchen kommen und wieder vom Schauplatz verfchwinden fehen , während die Dinge sich wenig veränderten , daß er

es sich zur Regel machte , sich durch Menfchen nicht erhitz n zu lassen , sich nicht dur ch eine allzu eifrige Beschleunigung des normalen Laufes der Dinge nutzer Athem zu bringen . Menfchen und Dinge nehmen wie sie sind , mit bem Gegebenen rechnen , Niemand unnöthigerweife verletzen und nach dem Essen in Ruhe feine Partie Billard zur Beorderung der Verdauung spielen , das war Grevys Lebensweisheit und politische Weisheit . Die Bequemlichkeit des forlfchreitenden Alters war wohl m > h , als der gute Herr es sich eingestand , eine der Quellen feiner in dem spießbürgerlichen Worte : „ Leben und leben lassen sich ausprägenden Regierungsmaxime geworden . Im Wesentlichen aber war es von vornherein fein auf das Praktische gerichtetes , ruhiges , jurafsisches Temperament , das ihm feinen Lebensgang bestimmte , ihn in jeder Verfammlung und schließlich auch in der Republik gewissermaßen als den geborenen Präsidenten bezeichnete . Grevy offenbarte sich bei allen Gelegenheiten als die Verkörperung des gefunden Menschen » Verstandes , er war stets ein zuverlässiger , ein guter Geschäftsmann gewesen ; die öffentlichen Interessen nahm er reblich wahr , ohne dabei feme eigenen Interessen ganz hintan zu fetzen . Eine extravagante Handlung

Nachdruck « erboten . FKzM » Ki 0 U

31 Zis einsame Infel . Roman nach dem Englischen von Treuenfels . Elisabeth war genöthigt , ihm Kapitän Belli ze vorzustellen , welcher sich kalt verbeugte . Die jungen Damen traten ein , doch Elisabeth g laubte es nicht nöthig zu haben , auch diese vorzustellen . Sie war gegen ihren Gast um so liebenswürdiger , weil Belli ze fo kalt war und sie es nicht wagte , Jemanden zu beleidigen , dessen Nachrichten sie noch nicht kannte . Mr . Dunning war ganz zufrieden mit seiner Aufnahme . Er erzählte fortwährend von feinen Reisen und schien sich in seinem Fautcuil ganz zu Hause zu fühlen . „ Wird denn dieser Mensch nicht bald gehen ? dachte Florio , dcr sich ärgerte , seinen Abend verdorben zu sehen ; er ging in das Mustk z immer , wo die Mädchen Mrs . Kent zuhörten , dic sie gebeten hatten , ihnen etwas vorzusp ielen . Diese wollte aufstehen , als Kapitän Bellize eintrat , doch er bat ste so dringend , auch ihm einen Theil des Gcnuffes zu vergönnen , daß sie

hätte er felbst in feinen jungen Jahren nicht begangen ; er war dabei wählerisch als ein Mann von gutem Geschmack , namentlich als ein Mann , der jedem Skandal forgfam auszuweichen versteht , der auf den Fußspitzen feinen Weg durch eine Pfütze zu nehmen weiß , ohne sich die Schuhe zu befchmutzen . Er war stets heiter . Wle konnte er anders fein als heiter ? Es war ihm Alles fo über Erwarten gelungen . Das Glück , fchien es , hatte sich an seine Ferfen geheftet . Er stand mit Frau Fortuna , wie übrigens mit allen fchönen Frauen , im liebenswürdigsten Verkehr . Aber das ist die Tragik im Leben der ewig Bevorzugten , daß ihnen urplötzlich alles Licht des Dafeins sich in fchwarze Finfterniß verwandelt und die Sonne für sie unwiderbringlich erlifcht .

Die Alten sprachen bei solchem Wandel vom Neid der Götter . N cht die Götter wollten sein Verderben . Jules Grevy war sich und seiner Lebensrichtung untreu geworden , einmal , aber in verhängnißoollster Weife , als er in fein ruhiges Schifflein , das auf klarer Fluth bisher sich gewiegt , ein fremdes Element aufnahm , das nicht hineingehörte , Wilfon , einen Mann der gemeinen Leidenfchaft , der gedankenlofen Genußsucht , der das hermlose „ Leben und leben lassen des alten Herrn in ein System der Lüge und des Raubes umgestaltete . Eo mutzte das Schifflein des guten Grevy nolhwendig fcheitern und mit ihm fein He zensfr eden , fein Alles . Unfere Theilnahme , unfer Mitleid ist bei dem Greife , der in wenigen Tagen feine historifche Rolle ausgefpielt haben und sich gramgcbeugt in die Einsamkeit zurückziehen wird . Der französifchen Republik hat Grevy den großen Dienst geleistet , daß er mit feiner unerfchütterlichen Ruhe sie vor gefährlichen Unternehmungen bewahrte und doch ihre innere Entwicklung nach Kräften förderte .

Der andere Demifstonär ist der Genfer Stäatsrath Anton Carteret . Wie Govy im Jahre 1813 ( 2 . April ) geboren , verläßt nun auch Carteret einen hohen Ehrenposten , ja man kann wohl sagen den höchsten , den die kleine Republik Genf ihm einräumen tonnte , da Carteret nicht nur Stäatsrath , fondern zugleich auch der Führer des dort herrfchenden radikalen Regimentes war . Ist der gulmüthig-heitere Franzose in Folge der schlechten Aufführung eines Familiengliedes zu Fall gekommen , fo waren es bei dem düster-ernsten ,

strengen Genfer Calvinisten grundfätzliche Meinungsverschiedenheiten und , man mutz es herausfagen , auch ein Theil Eigensinn und Unverföhnlichkeit , welche ihn zum Rücktritt bewogen , der für den Kanton Genf nicht minder ein politisches Ereigniß bedeutet , als für die französische Republik der Rücktritt Grevys . Auf dem Gebiete ber Politik trat Carteret auf , als es sich um den Sturz der Aristokratie handelte ; 1846 war er Präsident des Verfassungsrathes , 184 ? Präsident des Großen Rathes , stimmte damals gegen den Sonderbund . Da er sich aber mit Fazy nicht vertragen konnte , weigerte er sich , unter dessen Herrfchaft in den Regierungsrath zu treten , arbeitete 1862 gegen den neuen Verfassungsentwurf und half 1865 Fazy stürzen . Seither galt Carteret als die Verkörperung der radikalen Partei Genfs und blieb bis zum heutigen Tage eng mit der Gefchichte dieses Kanlons veiflochten , welcher ihm fehr Vieles , namentlich auf dem Gebiete des Schulwefens verdankt : die Kleinkinderfchulen , die Sekundärschulen in den Landgemeinden , die Wandervorträge in den Wintermonaten , die Nachtfchulen , die Umwandlung der Akademie in eine Hochschule durch Errichtung der medizinischen Fakultät , die Gründung einer Zahnarzneischule erfreuen sich einer wahren Blüthe . Die Zahl der Studenten wächst jährlich .

Im Kulturkampf fpielte Carteret neben Augustin Keller eine Hauptrolle in der Schweiz unb blieb stets ein unversöhnlicher Gegner des Ultramontanismus , weshalb auch dieser ihm einen glühenden Haß entgegentrug und nun seinen Austritt aus dem Staatsdienst bejubelt . Auf politifchem Gebiete war Carteret ein Anhänger des fog . repräfentattu-demolratifch-autoritären Systems und hat die demokratifchen Volksrechte — Initiative und „ Nouzieui- ls lisfersnälim « , wie « es fpöttelnd nannte — unablässig bekämpft . Carteret ift wohl der älteste Staatsmann der Schweiz . Bei der demnächst zusammentretenden Bundesversammlung wird er als Alterspräsident den Nationalrath eröffnen . Carteret ift eine tief religiöse Natur , ein eifriger Protestant . Sein Privatleben war immer , das ankennen felbst feine Feinde , rein und makellos .

Wir schließen diese beiden Skizzen mit dem innigen Wunsche , es möchten dort in der großen , wie hier in der kleinen Republik Männer sich finden , welche die beiden Staaten mit Einsicht , Patriotismus

schweigend einwilligte , und ihm alles sp ielte , um was er bat . „ Singen Sic , Mrs . Kent ? „ In frühern Jahren sang ich ein wenig . Seine Stimme z itterte , als er stch zu ihr herabbeugte , und leise sagte : „ Ich hatte einst eine theure Schwester — sie ist nun schon lange todt — sie sang ein kleines Liedchen : „ Lang , lang ist es her , so daß cs mir immer Thränen in die Augen trieb — Singen Sie das Lied ? Sie blickte verwirrt in sein schönes Gesicht und machte eine Bewegung , als wollte sie ihn « mannen , aber sie bezwang sich und begann zu singen . Leise , mit durchklingendem , leidenschaftlichen Weh sang sic das Lied , während er dastand , mit dem Ellbogen auf das Instrument gestützt , und das Gcsicht in den Händen verbergend .

„ Mein Gott , ganz wie Bertha ! rief er mit bleichem Gesichte und feuchten Augen aus , als das Lied zu Ende war . „ Als ich die Augen fchloß , wars mir , als hörte ich meine geliebte Schwester singen wie früher . „ Liebten Sie sie so sehr ? fragte dic Gouvernante . „ Mehr als mein Leben ! Sie war ein fo liebliches

Geschöpf , wie ich noch nie ein zweites gesehen habe , ihr Kind ausgenommen , fügte er mit liebendem Blicke auf seine Nichte hinzu . „ Nur ihr Kind kann ihr vielleicht gleichkommen — die süße Knospe einer lieblichen Blume ! „ Bertha s Kind ! flüsterte Mrs . Kent mit gesenkten Augenlidern . „ Hatte denn die erste Frau von Mrs . Ellerbl , ein Kind ? Der Kapitän erinnerte sich erst jetzt daran , daß er zu einer Fremden sprach . Hatte er der Gouvernante das Geheimniß verrathen , das er der Herrin des Hauses verborgen ? Unverzeihliche Thorheit ! Doch vielleicht war es noch gut zu machen , — cr erzwang ein unbefangenes Lachen . „ Ich nenne sie manchmal so , weil sie den Namen meiner Schwester trägt . Ich wünschte , ste wäre wirklich das Kind meiner Schwester ! Und doch könnte ich sie kaum mehr lieb haben als jetzt , Mrs . Kent . Ich danke Ihnen für das Lied , es hat in mir wunderbar süß-schmerzliche Erinnerungen geweckt . Er trat zur Seite , um sich ein Bild anzusehen .

Mrs . Kent schlich hinaus , und als sie sich draußen in der Finfterniß allein sah , eilte sie fort , bis sic sich endlich in dem einsamen Sommerhausc auf dcm Felsen

unb kräftiger Hand zu leiten und einer gedeihlichen Entwicklung entgegenzuführen befähigt sind !

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