Bündner Nachrichten, 26. Oktober 1887 — Graubünden [ARTICLE]

Graubünden

StandesKommisston . Ueber die MontagNachmittagssitzung haben wir an anderer Stelle referirt . ( Siehe Leitartikel . ) Dienstag , 25 . Verdauung im Fuchsenwinlel . Im Jahre 1885 hat der Große Rath beschlossen , es sollen zur Sicherung der Straße vor Steinschlag und Eisfall an den zwei gefährlichsten Stellen in jener „ schönen Gegend , Fuchsenwinkel genannt , Holzgallerien von je 13 Meter Länge erbaut werden . Die Kosten des Baues und der Unterhaltung fallen der Territorialgemeinde Ienaz auf , doch leistet der Kanton an die Erftellungslosten einen Beitrag von 60 «/ o . Die Gemeinde wünscht nachträglich , von dem beschlossenen Bausvstem abzugehen und dafür die Sicherung der Straße durch Anlage von Quermauern in den zwei schlimmsten Runsen zu bewerkstelligen . In dieser Weise würden Terrassen gebildet und durch Absprengung des Fel , fens rückwärts erweitert , wo alles herabfallende Gestein , Schutt und Eis sich ablagern müßte . Die Kosten wären in beiden Fällen die gleichen ( Fr . 7800 ) . In der Behörde wird das Petitum der Gemeinde unterstützt , das Baubureau erklärt es ebenfalls für zulässig , und so wird dem Begehren Folge gegeben .

Ausführung des Alloholgefetzes . Nun liegt ein neuer Entwurf des Kl . Rathes zu einer provisorischen Verordnung über Ausschank , Kleinverlauf und Besteuerung des Verbrauchs gebrannter Wasser vor un » wird in Berathung gezogen . Art . 1 bestimmt , daß wer den Ausschank zum Genuß an Ort und Stelle und den Kleinverlauf über die Gasse betreibt , um die Bewilligung beim Kanton einzukommen hat . Diefer Bewilligung bedarf nicht : 1 ) wer in Gebinden von wenigstens je 40 Litern Branntwein verlauft ( Großhandel ) und 2 ) wer jährlich höchstens 40 Liter nicht bundesfteuerpflichtigen Branntweins selbst fabrizirt und sein Ei zeugniß in Quantitäten von mindestens 5 Litern verlauft . Art . 2 . Gefuche um Bewilligung sind beim betreffenden Gemeindeoorftand einzureichen . Dieser hat

der Polizeldireltion über die Größe und den Werth des Umsatzes des betr . Gefuchstellers möglichst genaue Angaben bis zum 1 . Dez . zu machen . Art . 3 . Die Ertheilung ber Bewilligung fowie die Eintheilung ln Klassen erfolgt durch die Polizeidireltion , gegen deren Entfcheid der Rekurs an den Kl . Rath innert 14 Tagen ergriffen werden kann . A 1 t . 4 . Dle Bewilligungen werden vom 1 . Jan . 1888 an auf ein Jahr ertheilt . Verboten ist das Hausiren mit gebrannten Wassern , der Ausschank und der Kleinhandel in Brennereien und in folchen Gefchäften , in denen derfelbe nicht in natürlichem Zusammenhang mit dem Verlauf der übrigen Haudeliartilel stehen würde , mit Ausnahme des letzten Satzes in Ait . 1 . Art . 5 enthält die Klaffifilation der SchnapsVerkäufer , ift aber noch nicht bereinigt .

Davos . ( E , ngef . ) Letzten Sonntag , den 23 . d . M ., hat die von ca . 300 Mann befuchte Kirch , gemeindeverfammlung einstimmig befchlossen , eine neue Kirchenorgel , die etwas über 6000 Fr . losten foll , anzufchaffen , ebenfo einstimmig , mit einer Petition an die Landfchaftsbehörde zu gelangen , in dem Sinne , es fei die gegenwärtig fchlafen gegangene Feuerwehr wieder aufzuwecken refp . die Rekonstruktion derfelben baldmöglichst energisch an Hand zu nehmen . Von anderer Seite erhalten wir diesfalls elne etwas ausführlichere Zufchrift , der wir gerne auch Raum gewähren : „ Gestein , Sonntag , den 23 . d . M ., hat die Kirchgemeinde Davos-Platz in Folge Anregung des Hrn . Pfarrer Ziegler und auf Antrag des Gemeinderathes in zahlreicher Versammlung einhellig beschlossen , die alte Kirchenorgel durch eine neue , schönere zu ersetzen und die diesfälligen Kosten auf dem Steuerwege in drei bis vier Jahren zu amortifiren . Dies wird ohne Erhöhung bes bestehenden Steueranfatzes möglich fein , indem die Amortisation der Schuld für das neue Kirchengeläute , den neuen Gottesacker und die Friedhoftapelle fozufagen vorüber ift . Auch hat die Thätigkeit des Steuertommissärs während den letztverflossenen zwei Wochen eine wesentliche Vermehrung der Vermögens- und Erwerbssteuer zur Folge gehabt .

In einer zweiten Angelegenheit war die Versammlung leider nicht beschlußfähig : in der des Feuerwehrwesens . Wie schon manchmal hat die Gemeinde es zu ihrem Schaden wahrnehmen müssen , daß sie politisch unselbständig und nicht im Falle ist , allgemein verbindliche Beschlüsse zu fassen ; sie ist in politischer Beziehung eben nur ein Theil der Gemeinde Davos . Da ist es denn schon mehrfach vorgekommen , daß die Interessen des Kurortes mit denen der ganzen Landfchaft nicht identifch waren , fo auch im Feuerwehrwefen . In diefer Beziehung hat sich die Kreisgemeinde bisher ziemlich interesselos verhalten . Diefem Umstände hauptfächlich ift auch dic jüngst erfolgte Auflösung der seit einer Anzahl von Jahren bestandenen freiwilligen Feuerwehr zuzuschreiben . Die gestrige Kirchgcmeinbeversammlung nun hat mit Einhelligkeit beschloffen , bei der Obrigleit zu Petitioniren , sie möchte sich recht bald mit Wärme auch dieser Angelegenheit annehmen . Ich zweifle nun nicht an der Einsicht unserer Behörde , daß die Sorge für das Feuerwehrwefen mit zu den wichtigsten Aufgaben eiuer Gemeinde gehört . Rhu zun 3 . ( Korr . ) Wer Studien über Erstellung von Wasserversorgungen machen will , der komme

einmal nach dem Kreife Rhäzüns . Da liegt in diesem Fache eine vollständige Musterkarte zur Einsicht auf . In Ems findet man nicht blos die primitivsten Pumpwerke , die das Grundwasser des Rheins zu Tage fördern unb punkto Billigkeit alle neueren Erfindungen in den Schatten stellen , fondern auch eine stundenlange Leitung , welche theils in Gußrohren , theils in Holzteucheln erstellt ist , in welcher das Quellwasser von den Maienfäßen herunter geleitet wird . Trotzdem ist das Dorf mit Wasser mangelhaft verfehen . In Bonaduz , wo das Trinkwasser von der meh rere Tausend Meter entfernten Weiermühle in offenem Graben hergeleitet wurde , hat man in den letzten Jahren fuccessive eine größere Strecke durch Gußleitung ersetzt und gedenkt im Laufe der nächsten Jahre diefelbe zu einer Hochdruckleitung auszubauen . Einstweilen aber entbehren diefe beiden großen und enggebauten Dörfer einer rationellen Wasserversorgung . Allerdings besitzen beide und namentlich Bonaduz , gute Feuerspritzen und organisirte Feuerwehren , gleichwohl aber dürfte mehr Eifer zur Gewinnung weiterer ergiebiger Quellen und Erstellung von Hydranten entwickelt werben . Das Abwasser folcher fände für beide Ortschaften zum Zwecke der Bewässerung eine werthvolle Verwendung .

Rhäzüns ist bereits mit dem guten Beispiele voran » gegangen und hat eine Hochdruckleitung erstellen lassen , die sich bestens bewährt hat . Mögen die andern beiden Gemeinben unseres Kreises diesem Beispiele bald folgen . Bei einer gelegentlichen Besichtigung der Anlage letztern Orts ist uns aufgefallen , daß der alte Wasserpatron Rhiitus , dessen Bild seit undenklichen Zeiten die Brunnensäule z ierte , seines Amtes enthoben und durch einen funkelnagelneuen Schutzheiligen erfetzt worden ist . Den guten HI . Iofeph in Ehren — so erfcheint es doch unbillig , den alten Rhiitus fo pietätlos zu behandeln . Nunmehr ziert er allein noch den Schild einer dortigen Wirtschaft . Ob er als Gastgeber mit dem neuen Altoholgefetz auf gutem oder fchlechtem Fuße lebt ? Daß die Churer anläßlich von Schlittenpartten auch zum guten Iofeph , wie früher zum Nhätus , wallfahren werden , dürfte wohl zweifelhaft fein , denn Letzterer genoß bei ihnen guten Kredit . Lanquart-Davoö . Der „ Rhät . will vernommen haben , daß das Kapital für Erstellung diefer Bahn am Samstag in Bafel gezeichnet worden sei . Maßgebende Persönlichkeiten , welche dem betr . Bahnlomite angehören , wissen nichts davon . Doch was nicht ift , kann werden .

Halden st ein . Hier wurde die Leiche eines jungen kräftigen Mannes aus dem Rhein gezogen . Der Verunglückte ist Allem nach ein Oberländer . Es wurden Werthsachen auf ihm gefunden , fo daß ein Verbrechen nicht vorzuliegen scheint . ßynr . ( : ) Kaum gedacht , ward bem Nllweiberjommer ein End gemacht . Nach wenigen milden und angenehmen Tagen hat das Wetter fchon wieder umgefchlagen . Nachdem am Montag Abend ein heftiger Sturm getobt hatte , lag am Dienstag dle Landschaft fchon wieder unter einer leichten Schneedecke und während des Vormittags trieb die Bife ein lustig Spiel mit den Schneeflocken . In der Witterung stehen nunmehr keine neuen Ueberrafch « ungen bevor , es müßte denn beständiges und fchönes Wetter eintreffen .

deln ftch fehr gut gehalten hat , ist es gelungen , mit England eine Verständigung über die Neutralistrung des Suezkanals zuwege zu bringen . Die Franzofen erwarten davon auch die baldige Neutralistrung Egyptens und die Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zwifchen Frankreich und England . Auch die englische Presse spricht sich über die Uebereinkunft günstig aus . — Nicht geringes Erstaunen verursacht die Nachricht , daß Präsident Grevy über das Vorgehen des Polizetchefs Gragnon gegen Wilson entrüstet sei und denselben ^ aufgefordert habe , seine Entlassung zu nehmen . Aber Gragnon fcheint durch das in feinen Händen befindliche , den Schwiegersohn Grevys lom » promittlrende Material hinlänglich gedeckt zu seln und will nicht freiwillig vom Platze weichen . Kußtand . Aus Berlin wird der „ Köln . Ztg . telegraphirt : In Rußland werden gegenwärtig unmittelbar an der deutfchen Grenze viele Kasernen gebaut . Die Unternehmer sinb- Russen , welche nur russische Zimmerer unter Aufsicht höherer Militärs beschäftigen dürfen . Dies Mal ^ Reimerei Ueber Allerlei

( Korr . ) ( Patriotische Knittelverse nach bekannten Melodien . ) Mol !» - Vs streuen sich dic Lent herum , Nerlpritzen ihre Tinlen , Und s Nich lriig ! sein Schwanz hwlen Demokratisch soll nun werden Auch das Militär auf Erden : Denn es wird nicht lange gch n , So wird man sich dahin vcrstchn , Daß der Gemeine sich erwählt Auch Offiziere ohne Geld . Nies wäre ja nicht mehr als billig , Macht dcn Soldaten dann auch willig , Zu kämpfen frisch für seinen Held Den er sich hat ja selbst bestellt . Der Bürger wählt die Vorgesetzte » Von dcm Ersten bis zum Letzten : Gilt denn nicht das gleiche Recht Wr Soldaten , Herr und Knecht ? Besser wird cs sicher werden , Ist dies durchgeführt auf Erden . Ganz besonders unser Land Wird treten dann in dcn Verband .

Es ist der Demokraten Wiege , Das Land so vieler schöner Siege . Indessen soll nun unser Heer Verbessert werden immer mehr . Iu diesem Zweck ist unerläßlich Und von Folgen unermeßlich . Daß fü , s Gebirge speziell Formirt man nun auf der Stell Regimenter , Bataillone , Batterien und Schwadrone . Sein muß cs cine eig ne Rasse , Bilden eine eig ne Klasse . Will man auch beim lieben Vieh , Damit es weiter besser zieh , Mit vieler Müh und großem Haste Fürs Gebirg eine eig ne Kaste . Wenn dann auch die Unterländer Mit anfänglich fremd Gewänder Hier dann werben eingereiht , Macht sichs gleich doch mit dcr Zeit Schnell ist alles tlimatisirt . Nichts wird weiter tritisirt , Alles ist der gleichen Klasse . Alles ist Gebirgesrassc ! —

Doch , um zu feiern den Triumph , Muß gespielt nun werden Trumpf . Man kann da gleich in einem Tage Zwei Fliegen fangen mit einem Schlage . Daß man wählt die Nationalen Alsobllld , ist bekannt ja Allen . An Auswahl fehlt es wahrlich nicht , Schon jetzo Viele sind in Sicht . Das Voll hat es nun in der Hand Zu retten das liebe Vaterland : Denn nicht ganz sicher ist die Sache , Gehen könnte es zum Bache . Da sollten lheillvcis frische Leut ,