Bündner Nachrichten, 19 octobre 1887 IIIF issue link* Inland [ARTICLE]

* Inland

Alloholgesetz-Umgehung ? In den Monaten August und September ift bei den eidg . Zollftätten mehr Sprit zur Denaturirung angemeldet

„ Trien , halt ein , ich kann nicht mehr ! „ Ich bin auch zu Ende , — - antwortete das Mädchen , ohne sich umzusehen — „ wir wollen etwas ruhen und diefe Nacht dort in jenem Dorfe schlafen . „ Ach , bleibe stehen ! — flehte der Vlinde . „ Wir find ganz nahe bei einem Hofe ; noch zwanzig Schritte , Jan ; dort ist ein schöner Buchenhag . Dort sitzen wir im Schatten . „ Um Gottes willen , geh dann schnell . Ihn bei der Hand fassend , führte sie ihn nach dem Buchenwaldchen , fo daß er diesem dcn Rücken zuwandte , und ließ ihn dort sich setzen . Der Jüngling fiel senkrecht auf das Gras hin und bog den Kopf vornüber ... Hinter dem Platze , wo der Soldat und feine Gefährtin sich befanden , war eine Laube in dem Hag angebracht . In derselben faß ein Mann , der in eincm Buche las . Gr mußte sehr alt sein , denn tiefe Runzeln furchten sein Antlitz und die wenigen Haare , die wie eine Krone sein Haupt z ierten , waren weiß wie Schnee . Ein bis oben zugeknöpfter Rock und ein Ehrenzeichen auf der Brust gaben ihm das Ansehen cines verabschiedeten Offiz iers . Als er hinter sich das Geräusch hörte , das die bei

den Reisenden machten , wandte er sich um und sah durch das Laub einen Soldaten und eine Bäuerin mit einem Runzel auf dem Rücken . Dieser Anblick überraschte ihn Anfangs , doch dachte er , es sei eine Schwester , die ihren Bruder nach Hause geleitete und ihm aus Liebe seine Last abgenommen habe . Nichtsdestoweniger bewunderte er diesen einfachen Beweis der Zuneigung und lächelte mit freundlicher Theilnahme , während er die Ruhenden betrachtete . Trien hatte sich mittlerweile neben dem Blinden hingesetzt und sagte zu ihm : „ Jan , Du bist so still und traurig ! Was fehlt Dir ? Du bist müde , nicht wahr ? Das wird schon vorübergehen ! Da sic keine Antwort erhielt , fuhr sie mit freundlichem Tone fort : „ Ach , fei nur getrost und denke , daß wir morgen zu Hause fein werden . Von Ncnloo bis hierher sind an die zwanzig Stunden Weges . . . Noch drei Stunden und wir sind in unserm Dorf . Wenn wir morgen früh aufbrechen , können wir dcn kurzen Weg wie einen Spaziergang abmachen . Wir haben doch Grund zufriedm zu fcin , denn es ist wirklich ein großes Glück , daß ich Dich nach Haufe bringen darf . Und

worden , als die gesammte Spriteinfuhr im Jahre 1885 betragen hat . Aus diefer auffallenden Erscheinung schließt das Zolldepartement , daß in einzelnen Landesgegenden mit denaturirtem Sprit gemischter Trinlschnaps verkauft wird . Simplon . Am 20 . Oktober tritt die interkantonale Simplonkonferenz ( Vertreter der betheiligten Kantone ) neuerdings zusammen . Festwesen . Im „ Bund wirft Einer die Frage auf , ob es nicht im Interesse der Festabrüftung unb Vereinfachung liege , einzelne Feste mit einander zu verschmelzen . Es könnten dadurch bebeutende Kosten für Festbauten , Dekorationen u . s . w . erspart weiden . „ Liehe sich z . B . an ein eidgenössisches Schützenfest nicht ganz gut ein eidgenössisches Turn- oder Sängerfest anschließen ? Warum nicht , nur käme dann der betreffende Festort nicht mehr aus dem Rummel heraus und der Erfolg wäre ein roefentlicher Gewinn nicht .

Wahlchronil . Die demokratische Wahlversammlung des 2 . Kreises ( Zürich ) hat als National » rathskandidaten aufgestellt die 3 bisherigen : Keller , Bühler-Honegger und Landis und neu an Stelle des verstorbenen Brennwald Seidenfabrilant Abegg . Der von Arbeiterfeite vorgeschlagene demokratische Selundarlehrer Bodmer blieb in Minderheit . Von den 4 Kandidaten ist nur Keller Demokrat und alle 4 sind Fabrikanten . Im 4 . Kreis nehmen die Demokraten Dr . Sulzer als Ersten wieder auf ihre Liste . Betreffend Ständerathswahlen stimmen die zürch . Arbeiter für Hausei , nicht aber für Rieter , gegen den sie Wahlenthaltung empfehlen . Im Oberaargau portiren die Liberalen anstatt Schär , der bisher der einzige lonfervatioe Vertreter Berns im Nationalrath war , den Apotheker Kupfer in Herzogenbuchsee . Für Solothurn hat der liberale Parteitag folgende Liste aufgestellt : Bundesrath Hammer , Brost , Vigier und Landwirth Gysi , letzlerer neu . Für den Ständerat h wurden Munzinger unb Kasimir v . Nrx nominirt , letzterer an Stelle Trogs , der ablehnte . Im 30 . Kreis ( St . Gallen ) hat eine Versammlung von Vertrauensmännern der demokrlllischen Paltei den Patt mit den Altliberalen abgelehnt . Die Demokraten tonnen Dr . Lutz nicht fallen lassen , ohne Grubenmann und Theodor Curti zu gefährden : ihre Lifte lautet daher : Grubenmann , Blumer-Egloss , Reg .-Rath Curti und Lutz . In Basel portiren die Freisinnigen bie Reg .-Rälhe

Burkbard-Iselin und Brenner und Malzfabrikant Eckenstein-Schröter . Die Konservativen werden Professor Speifer portiren , dem auch die Katholiken stimmen wollen . Im freiburgischen Seebezirl verbinden sich Bienpublicards und Liberale gegen Python und Cressier . In Genf ift man im radikalen Lager uneins wegen der Frage , ob die konfervativen Katholiken berücksichtigt weiden follen . Carteret ist dagegen , Favon dafür . Schließlich dürfte Letzlerer Recht bekommen . Stickerei . Die Stickerei ist gegenwärtig , wie „ Handelsztg . berichtet , voll befchäftigt , besonders die Handmaschinenstickerei . DM den bekannten Maßnahmen des Stickereiverbandes darf man auf einen dauernden zufriedenstellenden Gang der Geschäfte rechnen . In der Schiffliftickerei geht das Gefchäft auch wieder etwas besser , ebenso in der RideauxBranche .

VomZürcherRhern . ( Korresp . ) Wenn er ausgetobt hat , der Sohn der Berge Rhätiens , am Rheinfall bei Schaffhausen , dann ift ruhig sein Lauf zwischen hohen Hügeln und blühenden Landschaften hindurch , bis er bei Basel das Land feiner Geburt verläßt . Der Dllmpfwllgm hat leider die so viel Genuß bietenden Fahrten im Kahne auf feinem grünen Rücken verdrängt — doch nicht sür immer ! In Eglisau . dem kleinen anmuthigcn Rheinstäctchen , mit den herrlichen Weinbergen im Hinter- und den grünbewaldeten Höhen im Vordergrund , hat sich ein „ Rheinklub gebildet , der die Schifffahrt aufs Neue tullivirt . Am 2 . Okt . wars , zur Mittagsstunde , bei herrlichem Sonnenschein , als eine frühliche Gesellschaft in drei Doppel-Pontone sich einschiffte und ftromabarts nach Zurzach fuhr . Wie hüpfte mir das Herz , denn wie gerne wäre auch ich mitgefahren , wissend , daß eine solche Flußfahrt auf dem Rhein so unendlich viel Genuß bietet . Wie der „ Bülacher

Wochenztg . , deren Redaktor die Fahrt auch mitmachte , zu entnehmen ist , hat die offizielle Verkehrslommission von Zürich sich bereit erklärt , auf das Kapitel „ Rheinfahtten aufmerksam zu machen und zu diesem BeHufe den Rheinklub eingeladen , ein Programm mit Fahrplan und Taxen einzurichten , nach welchen unter Berücksichtigung der anschließenden Eisenbahnzüge zur Hin- und Rückfahrt , die Rheintour ausgeführt werden könnte . — Die Tour EglisauZurzach ist wirllich lohnend ; sie führt an der Grenze zweier Reiche durch und bietet reiche Abwechslung . Zoll wefen . Der Tadel , den Oberst Zfchokke an der zollpolitischen Versammlung in Ollen über bie bundesräthliche Haltung geäußert , hat im Bundesrathhause verschnupft und die Blätter bringen Telegramme , der Bundesrath wolle die Rede zum Gegenstand von Reklamationen machen . Nun , Zschotke wird darüber nicht erschrecken . Einstweilen steht die Freiheit der Rede noch nicht unter Censur .

Bern . Die ZündholMbrüatton im Fruligthal prosperirt . Der » Ausschwung in dieser Industrie ist dem Umstände zuzuschreiben , daß sich eine Pereinigung der bedeutenderen Fabrikanten entschlossen hat , einige Fabriken anzukaufen und außer Betrieb zu setzen und die Produltion in den übrigen einzuschränken . Die Durchführung dieser Maßregel hat also nicht blos der Stickerei in der Ostschruciz , sondern auch der Zündholzfalirilation im Beineroberland Erfolge ermöglicht . Solothurn . Eine mächtige politische Bewegung geht durch den ganzen Kanton . Außer der großen freisinnigen Versammlung in Ölten ( s . Wahlchronil )

was das Uebrige betrifft , ich werde fchon machen , daß Du nicht niel Verdruß in Deinem Leben haben sollst , Illnlieb . , . Warum sprichst Du denn gar nicht ? Der Jüngling zwang sich , i ) oem zu schöpfen , und sagte seufzend : „ Mir pocht dlls Herz und meine Augen brennen so fehr ... laß mich rnhcn . Ginige Angenblicke verstrichen , ohne dllß das Mädchen die Stille unterbrach - , allmahlig begann sie zu glauben , daß es eher Betrübniß als Ermüdung fei , was Jan niederdrücke . Sie bezwang ihren Schmerz , um ihm Trust einzuflößen , nnd fagte mit fröhlichem Tone , „ Aber , Jan , Du bist doch sicher , daß Du mich gesehen hast ? Das macht mich glauben , daß doch noch Leben in Deinem linken Auge sein muß . Habe nur Geduld , bis wir zu Hause sind ; wir wollen den Doktor von Wnneghem kommen lassen . Dcr wird Dich kuriren , denn er hat schon Wunder gethan an Menschen , die bereits mehrere Tage ganz todt da lagen . Denke nur , Jan , morgen sehen wir Deine Mutter und Großvater und Pauwken , und wenn Du ausgeruht hast , werden Deine Augen nicht mehr stechen » nd Dil wirst wieder ein Bischen sehen . Und wir

beten dann zusammen unter dcr Linde , um Unserer lieben Frau zn danken für ihre Barmherzigkeit - denn , zweifle nicht daran , Jan , sie hat mich erhört und wird . , . Was ist das ? Ich sehe Blut auf Deinem Strumpfe ! Und Dn unglückliches Schaf , Dn sagst gar nichts davon ? Hastig zog sie ihm den Schnh und den Strumpf ans und trocknete ihm den Fuß vom Blut mit ihrem weißen Brusttuch . Darauf wollte sie ihm sagen , daß es nur cinc unbedeutende Wunde sei , aber kaum hatte ste die Augen zn ihm aufgeschlagen , so rief sie ängstlich : „ Jan , was ist Dir ? Du wirst so bleich ! Der Jüngling seufzte mit schwacher Stimme : „ Ach , ich weiß nicht , mir bricht das Herz ; es ist , als ob ich stürbe ... Ein heftiges Zittern durchlief feine Glieder , fein Kopf fank ohnmächtig auf seine Schulter und seine Arme siclen ihm fchlaff vom Leibe auf das Gras . Trien legte ihre Hände an seine entfärbten Wangen und wollte ihm den Kopf aufheben , während sic voll Verzweiflung rief : .

„ Jan , Jan ! Ach , der Aermste ! Er ist todt ! Wasser , Wasscr ! Hülfc , Hülfe !

> 3 > le Iprang empor , blickte in die Runde und lief von einer Seite nach der andern , um zu sehen , ob sic nirgens Wasser entdecken könne . Da ward sic plötzlich hinter dem Wäldchen ein offenstehendes Gatter gewahr , das zu einem Hofe mit einem Herrenhause führte . Diefer Anblick entlockte ihr einen Schrei der Freude und sie eilte so rasch ste nur konnte dahin , um sich auf dem Landsitz Hülfe zu erbitten . Während sie nun auf den Pfaden des Blumengartens sich dem Eingang der Wohnung näherte , sah sic aus derfelben zwei Männer auf sie zu kommen . Der Eine wcir ein alter Herr mit fchneeweißem Haar und einem Ehrfurcht gebietenden Antlitz ; der Andere , gleichfalls bejahrt , fchien noch fchr kräftig zu fein . Eine breite Narbe , wie von einem Säbelhiebe , lief ihm von der Stirn herab über Mund und Kinn . Er trug einen Krug , ein paar Fläschchen und etwas Leinwand . Er lnußte ein Diener des alten Herrn sein , denn cr folgte ihm still in einiger Entfernung .

„ O mein Herr ! — rief Trien verzweifelnd — „ gebt mir doch etwas Wasser oder Essig ! Dort hinter dcm Hag liegt ein armer , blinder Bursche ; er ift ohnmächtig geworden . Um Gottes willen , H err , seid barmherzig , thut « in gutes Werk und geht mit mir .

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