Bündner Nachrichten, 16 octobre 1887 IIIF issue link — Page 1

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Ausländische Rundschau

Noch immer ist in den Blattern viel die Rede uon den Friedrichsruher Abmachungen , ohne daß man deshalb genau wüßte , was Bismarck und Crispi eigentlich miteinander vereinbart haben , So viel scheint indeß sicher zu sein , daß eine förmliche Dreierallianz zwifchen Deutfchland , Italien und Oesterreich nicht abgefchlofsen wurde . Es existiren vielmehr zwei Allianzen , die eine zwifchen Deutfchland und Oesterreich , die andere zwifchen Deutfchland und Italien . Deutfchland wäre demnach mit beiden anderen Staaten verbündet , diefe hinwieder je nur mit Deutschland , während sie unter sich auf dem Fuße der fogenannten „ guten Beziehungen leben würden . Für diefe Auffassung spricht auch der Umstand , daß Bismarck , Kalnokn und Crispi nicht gleichzeitig beisammen waren , sondern der Erstere mit den beiden Anderen einzeln tonferirt hat .

Größere Aufmerlfamkeit als die vorhin befpcochenen Abmachungen , welche doch einen internationalen Charakter haben , beanfvrucht gegenwärtig die schmutzige Wäsche , welche der leidige Caffarel - Handel in Frankreich zu Tage gefördert hat . Für die Franzofen ist diefe Geschichte äußerst unangenehm , sie fühlen sich vor der ganzen Welt blamirt und fchaudern vor dem Abgrund von Korruption , welcher hochgestellte , auf bie wichtigsten zivilen uud militänfchen Vertrauensposten berufene Perfonen verfallen zu sein scheinen . Anderseits aber ist es weit b . sser , daß man den nun einmal vorhandenen faulen Zuständen auf den Grund geht und , auf das Risiko hin , sich noch mehr zu blamicen , die Korruptionsnefter vom ersten bis zum allerletzten aushebt . Die Entschiedenheit , Energie und Rücksichtslosigkeit , mit welcher die Polizeibehörden und namentlich der Kriegsminifter Ferro « diesfalls vorgehen , bürgt dafür , daß eine radikale Säuberung beabsichtigt ist . Möge sie im Interesse der öffentlichen Moral und der Republik gelingen !

Diesen Wunsch fpricht ganz m Ueberemsttmmung mit allen ehrlichen Leuten in Frankreich und mit den Freunden dieses Landes im Allgemeinen , auch das deutsche Kanzlerorgan aus , was von ihm um so löblicher ift , als ja Bismarck wohl ein größeres Interesse hätte , wenn die besonders von den Kriegsministern Thiblludin und Boulanger verschuldete

Feuilleton

13 Zer UeKrut . < 5 ine niedcrländifche Begebenheit aus dem Jahre 1833 von Ü . Lon « oisu « . „ Was hast Du denn fo fchon geträumt , Trien ? „ Ja , Du bist auch dabei , Jan , das kannst Du Dir wohl denken . Höre nur . — Dic Pächtersfrau — das gute Weib , Gott möge es ihr lohnen ! — hatte mich in eine kleine Kammer zum Schlafen geführt . Als ich nun allein war , kniete ich und betete zur lieben Frau , die dort auf dem Hausaltärchen stand . Ich weiß nicht , wie lange ich kniete , aber als ich aufstand , wirbelte mir dcr Kopf und ich verlor fast die Sinne , fo schien es mir wenigstens . Der Mond war unterdessen aufgegangen und leuchtete so hell durch das Fensterchen , daß meine Kammer überall klar aussah und ganz fremd . Ich legte die Stirn an dic Scheiben , um mir den Kopf ctwas zu kühlen , und warf mich dann halb angezogen auf das Bett . Aber ich tonnte doch nicht schlafen , denn der Mond schien mir gerade in die Augen . Ob ich endlich doch eingeschlafen bin , kann ich nicht sagen ; allein es muß

Demoralisation des französifchen Ofsizierkorps noch weiter um sich griffe . Meister Boulanger , der alle Urfache hätte , stille zu fein , hat nicht umhin gekonnt , sich ganz unbefugter Weife in den Caffarel - Handel einzumischen , wie er überhaupt keine Gelegenheit vorübergehen läßt , ohne von sich reden zu machen . Jetzt behauptet er gar , die ganze schmutzige Affäre Caffarel sei das Werk seines Nachfolgers Ferro « , dazu bestimmt , ihm ( Boulanger ) zu schaden , weil er den General Caffarel s . Z . zum Unterchef im Kriegsministerium ernannt hatte . Ferro « stellte Boulanger telegraphifch zur Rede und wollte wissen , ob er sich wirklich in fo defpektirlicher Weife über feinen Vorgefetzten geäußert habe , wie die Blatter berichteten . Boulanger wollte die betreffenden Zeitungen nicht gelesen haben und gab eine ausweichende Antwort . Ja oder Nein ! — herrschte ihn Ferron nochmals per Draht kategorisch an : Nun also , Ja ! erwiderte Boulanger . Diefes Ja könnte ihm leicht die Antwort : Gut denn , „ ab nach Cassel mit Boulanger ! eintragen . Und nun noch ein Blick nach Afrika uud Afien hinüber !

An der nordwestlichsten Ecke des erstgenannten Welltheils liegt das marokkanische Kaiserreich ( Sultanat ) , auf welches die Franzosen , Spanier und Engländer ihr Auge geworfen haben . Die beiden erster «« , namentlich Spanien , würden ums Leben gerne das Reich des kranken Sultans aä » aooniu nehmen , weil es ihnen zum Zwecke des „ Arrondirens ihrer benachbarten Besitzungen gar bequem passen würde . Und was England betrifft , fo tonnte es den Beiden die Eroberung des Landes nicht wohl überlassen , weil dadurch feine Seemacht Einbuße erleiden würde . Aber auch Frankreich und Spanien haben Urfache , einander auf die Finger zu fehen , eben weil sie dort Nachbarn sind , wichtige wirthschaftliche Interessen haben und jedes von ihnen daher nicht dulden könnte , daß das andere Marokko i » feinen Besitz nehme . Endlich würden wohl auch Italien und Deutfchland sich ins Mittel werfen , wenn Frankreich im Mittelmeer und Nordafrika noch mächtiger würde als es jetzt schon ift . So dürfte auch hier der Fall eintreten , daß die Rivalität eroberungssüchtiger Nachbarn die beste Gewähr für den Fortbestand der Selbstständigkeit Marokkos bietet , wie dies in der Geschichte des Landes , trotz den Kämpfen , welche

doch gewesen sein , denn höre nur , was mir widerfuhr . — Plötzlich bekam der Mond einen Mund und wunderschöne blaue Augen und fing an roth zu werden wie cin Apfel und lachte mir freundlich zu , In meinem Leben habe ich keine Frau gesehen mit eineni so schönen und lievlichen Wesen , denn gäbe es so eine auf der Welt , die Menschen würden gewiß vor ihr niederknien . Allmählig wuchsen dem Mond Arme und Beine und ein langes Kleid init großen , goldenen Blumen ; auf seinem Haupte war eine silberne Krone von sieben blinkenden Sternen . Und nun war es plötzlich cinc Frau , die ein Kind auf den « Arme trug , schöner als die Engelchen im Himmel . — Und , o Gott , Jan , es war die Unsere liebe Frau , die lebendig geworden war , und mit unser »! lieben Herrn auf dem Arme , der in der Luft mir zulächle und winkte . . . Nun kommts noch schöner . Wie sie in meine Kammer gekommen mar , weiß ich nicht , aber sie saß auf einem Stuhl am Fenster und mit Deinen blinden Augen sahst Dn die Unsere liebe Frau auch , dcun wir fielen zusammen auf die Knie und streckten die Arme aus hinter den Scheiben , als ob wir dic Mnttcr Gottes anriefen . Da kommt sie plötzlich leisc , leise herunter , immcr nähcr und näher und gerade durch dic Scheiben in die

Kammer . Sie sagte etwas ihrem Kindchen Jesus und das Kindchen bcrührt Dir mit dem Finger die Augcn und Du , Jan , rufst mit höchster Freude . „ Ich fehc , ich sehe ! Ich war so davon ergriffen , daß ich im Schlafe auffprang . . . und es war nicht wahr . Ich hatte nur geträumt ; denn der Mond mit dem Manne darin stand noch am Himmel und schien , und das Unsere Liebfranenbild stand noch ruhig auf dcm Altärchen . . . Ist das ein glücklicher Traum ? Sie schwieg und wartete auf cinc Antwort . Der Jüngling sagte nach kurzer Pause : „ Trien , wic kannst Du schön erzählen . Mein Herz schlug höher vor Freude , während Du sprachst ; ich glaubte , ich sähe es geschehen , und als Du sagtest , daß Unser Herr mir die Augcn berührte , habe ich etwas gcfühlt , das ich nicht beschreiben kann ; und ich habe Unsere liebe Frau gefehcn , fo klar und deutlich , daß ich im Sandc die goldenen Vlumen zeichnen könnte , dic auf ihrem Kleide funkelten . Aber täusche Dich nicht selbst mit einer falschen Hoffnung . Träume sind Schäume ; es ist nur cin Trost , den Gott uns für die Reife zufendet .

„ Das ist dasselbe ! — rief das Mädchen freudig — „ mir dünkt > ich habe feit heute Nacht die Mutter

Spanler und Franzosen auf fernem Boden geführt haben , bisher wirklich der Fall war . In Afghanistan ( Asien ) bereiten fich wichtige Ereignisse vor . Einige hundert Russen sind unter dem Vorgeben , friedliche Kaufleute zu fein , in Herat eingezogen und düiften gelegentlich wohl als bewaffnete Krieger im Gefolge des von den Russe « beschützten und unterstützten Thronprätendenten Ejub Khan gegen die Landeshauptstadt Kabul und den Emir ausziehen . Zu obiger Meldung kommt die andere , daß die Exekutive des indischen Befreiungsoereins oon Moskau aus einen Aufruf an die Eingebornen von Britisch-Indien erlassen hat , worin diefe aufgefordert wcrden , die englifche Herrfchaft , welche sie beraubt , geplündert , unterdrückt und ihnen Hungersnölhe und andere Kalamitäten auf den Hals gebracht habe , abzufchütteln . Hinter all diefen afghanisch-indo-britischen Demonstrationen steht natürlich der Russe , welcher seinen Kollegen John Bull ( England ) in Asien gerne an die Luft und sich seldst an dessen Stelle setzen würde .

Inland

Bundesiath . Unter den Mitgliedern dieser Behörde herrsche keinerlei Zwiespalt über die Haltung , welche die Schweiz angesichts der volkswirthschaftlichen Politik der anderen Staaten zu beobachten habe . Die Reden der Vundesrathe Deucher und Droz an der Neuenburger Ausstellung hatten diesfalls Zweifel erweckt . Finanzkontrolbureau . An Stelle des verstorbenen Oberstl . Benedikt Peter wurde der bisherige Adjunkt und erste Revifor , Gustav Pillichodv . von Bern , zum Vorstand des eidg . Finanztontrolbureaus gewählt . Naturaloerpflegung . In Zürich tagten Vertreter von 9 Kantonen zur Feststellung der Ausführungsbestimmungen für einen interkantonalen Verband betr . Naturalverpflegung armer Durchreifender . Die gefaßten Befchlüsse unterliegen noch einer größer « Delegirtenverfammluug , welche auf den 24 . Novbr . nach Baden anberaumt ist . Bemerlenswerth ist , daß an dieser Konferenz die Ansicht die Oberhand behielt , welche die Naturaloerpflegung nicht zn einem bloßen Polizeiinftitut herabgewürdigt wissen will . So wurde die Abstempelung der Ausweisfchriften („ Bettelstempel ) verworfen . Pferdezucht . Dle in den Militärftallungen

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