Bündner Nachrichten, 12. Oktober 1887 IIIF issue link* Inland [ARTICLE]

* Inland

Nationalrathswahlen . Eine Delegirten « Versammlung der Liberalen des 30 . Kreifes in Rheineck hat folgende Liste aufgestellt : Landammann Curti , Dr . Grubenmann , Kantonsrichter Sturzenegger und Fabrikant Blumer-Egloff . Dr . Lutz und Hauptmann Tobler wurden also fallen gelassen . In Basel hat Hr . Geigu Merlan definitiv auf ein weiteres Mandat verzichtet . Man nimmt nun an , daß die Freisinnigen auch der Arbeiterpartei eine Vertretung einräumen . Im bernischen Seeland ist Redaktor Mettier von sämmtlichen Grütlisektionen des Kreises als Kandidat nominirt . Als Konzession an die Arbeiter dürften ihn dle Liberalen ebenfalls auf

Kindesbeinen an wohnten wir unter demselben Dache ; seine Eltern sind die meinen ; er liebt meine Mutter ; scin Großvater hat mich getragen , als ich noch nicht laufen konnte ; Arbeit , Verdienst , Freude nnd Leid , Alles haben wir gemeinschaftlich , Nach einer Pause senkte ste wieder den Blick zur Erde und sagte mit leiserm Tone : „ Seit er unglücklich » ist , fühle ich auch wohl , daß ich nicht feine Schwester bin , . . Von den Worten des Mädchens gerührt , war der O ffiz ier vom Pulte fortgegangen und hatte sich Tricn langsam genähert . „ Armes Kind ! — seufzte die Frau . — „ Du mußt Dir die Gedanken aus dcm Sinn schlagen und Dich trösten über sein Unglück . Einen Blinden kannst Du doch nicht immer lieben ! Tricn zitterte vor Schmerz . , „ Ihn verlassen ! — rief ste . — „ Ihn vergessen , weil er für scin ganzes Leben blind und unglücklich ist ! O Frau , sagt das nicht wieder ; es zerschneidet mir das Herz .

Der Offiz ier wechselte einige Worte in französischer Sprache mit seiner Gattin . Er fagte ihr , daß ein Ministerilllbcfehl gekommen sei , welche den Obersten

die Macht verleihe , die erblindeten Soldaten mit unbeschranktem Urlaub zu ihren Gemeinden zurückkehren zu lassen , und dort einen bestimmten Abschied aus dem Dienste abzuwarten . Obwohl diese Maßregel erst binnen einigen Wochen ausgeführt werden sollte , so zeigte er sich doch bereit , einen Versuch bei dem Obrist zu machen , um ausnahmsweise noch an demselben Tage einen Urlaubsschein für Jan zu erhalten . Seine Gemahlin trieb ihn an , diesen Plan auszuführen . Obwohl Tricn nicht verstand , was sie redeten , so merkte sie doch , daß ihre Beschützerin ihren Mann zu etwas Gutem für sie ermunterte . Der Offiz ier wandte sich zu ihr und fragte sie : „ Würdet Ihr Euch freuen , wenn Euer Freund mit Euch nach Hause kehrte ? Ein unbeschreiblicher Ausdruck uon Freude und Angst crhclltc Trien s Angesicht . Ihre großen blauen , weit geöffneten Augen schienen noch andere Worte aus dein Munde des Offiz iers locken zu wollen . Endlich machte sie fich in Worten Luft :

„ Freuen ! froh fem ? Ich werde fast närrisch über die Frage ; 0 Herr , Hcrr , betrügt mich nicht mit solcher Hoffnung . Ich würde im Staube vor Euch kriechen und Euch die Füße küssen aus Dankbarkeit !

ihre Liste nehmen . In Zug wird an Stelle Dr . Keisers konservativer Seits Landammann Müller in Baar pottirt . Daß die Genfer Radikalen Carteret sprengen wollen , wird von „ Genevois bestritten ; für den ablehnenden Pictet wollen sie dagegen einen konservativen Katholiken vorschlagen . Unglück au f dem Bodenfee . Die Schuld an dem gestern gemeldeten Schiffsunglück bei Lindau wird allgemein dem Kapitän des österreichischen Dampfers „ tzabsburg zugeschrieben . Letzteres Schiff hielt bet der Ausfahrt aus dem Hafen weder den Kurs ein , noch achtete es auf die Warnsignale des von Rorfchach ankommenden bayrischen Schiffes „ Stadt Lindau ; es half auch nichts , daß der Kapitän des Letztern rückwärts fahren ließ . Mit ungeheurer Wucht fuhr bie „ Habsburg der „ Stadt Lindau in die Flanke und zerfchnitt das Schiff bei

nahe m zwei Theile . Durch den Stoß wurde die Kajüte II . Klasse abgeschnitten , d . h . es war den in derselben befindlichen Personen nicht mehr möglich , sich zu retten . Eine Frau und ein reisender Handwerksgeselle fanden den Tod ; der Leichnam des Letzter « wurde Sonntags , furchtbar zugerichtet , gefunden . Das angerannte Schiff verfanl nicht sofort , so daß sich die Mannschaft theils auf die „ Habsburg , theils auf die herbeieilenden Note aus dem Hafen retten konnte . Der fchweizerifche Poftlondulteur und der Kapitän waren die letzten Personen , die das sinkende Schiff verließen . Das Schiff liegt 7 Meter tief im Wasser . Kapitän und Steuermann der „ Habsburg sind verhaftet . Die Aufregung tn Lindau und den Ufergemeinden ist groß . Es ist dies der dritte Dampfer , der innert 40 Jahren auf dem Bodensee gesunken ist .

Mern . Bei einer neuen Visitation wurden bei den Mannschaften des 32 . Bataillons nicht weniger als 90 scharfe Patronen versteckt vorgefunden . Diefer Umstand erklärt sich dadurch , daß der Verbrauch und Verbleib der fcharfen Munition nach den Schießübungen nicht gehörig tontrollirt worden ist , wodurch es Einzelnen ermöglicht wurde , sich sch arfe Patronen in unrechtmäßiger Weise anzueignen und zu verstecken , um selbe fpäter daheim bei dcn obligatorischen Schießübungen zu verwenden und fich baar vergüten zu lassen . Eine liederliche Ordnung ! — Aus dem Bericht über das bernische Gefundheitswesen geht hervor , daß die Staatsapotheke im Laufe des letzten Jahres 35 , 015 Ordinationen aus »

fertigte , welche mit Fr . 32 , 765 bezahlt wurden ; es lam alfo jede Ordination auf durchfchnittlich 93 Rappen . Aus der Irrenanstalt wurden 128 Personen entlassen , von welchen 22 geheilt waren . — Ein bedeutender Milchauffchlag steht der Stadt auf 1 . Nov . bevor . Die Milchlieferanten haben nämlich am 4 . beschlossen , den Literpreis von 16 auf 20 Rappen zu erhöhen . Luzern . Betreffend armenärztliche Behandlung hat die kantonale ärztliche Gesellschaft diefes Kantons folgende Postulate aufgestellt : 1 . Die obligatorische ärztliche Behandlung und Verpflegung armer Kranken auf Kosten der betr . Gemeinden bleibt aufrecht erhalten . 2 . Jeder Arzt ist verpflichtet , die bei ihm verlangte ärztliche Hülfe auch dem Armen gegenüber

nach bestem Wissen und Gewissen zu leisten . 3 . Das System der Armenärzte ist abzuschaffen , der arme Kranke soll sich ben Arzt selbst wählen können . 4 . Dle Taxen für die armenärztliche Behandlung follen Rücksicht nehmen auf die vielfach vertheuerten Lebensverhältnisse . 5 . In ben Gemeinden soll hinsichtlich des Armenhaushaltes überhaupt bessere Organisation und strengere Ordnung geschaffen werden . 6 . Dcr Staat soll sich mehr um das Armenwesen annehmen unb die Gemeinden hierin unterstützen . 7 . Der Staat soll sich daher in erster Linie mehr um die Volksernährung bekümmern . 8 . Aenderung der Organisation der Almenanstalten nach bestimmten Zwecken und Unterstützung derselben durch ben Staat ; namentlich mehr Rücksicht für die Kindererziehung in dcn Kinder-Erziehungsanstalten 2 c .

— Gegenwärtig befindet sich eine größere Anzahl höherer Artillerie-Osfiziere in Luzern , darunter Hr . Oberst Bleuler . Es handelt sich dabei um die Fortsetzung der Studien betr . das Projekt , Luzern in ein befestigtes Lager zu verwandeln , zu welchem BeHufe namentlich die die Zugänge zu Luzern beherrschenden Anhöhen relognoszirt werden . So meldet „ Vaterl . — Dle Beerdigung Stockers verlief bei kolossaler Betheiligung sehr würdevoll . Am Grabe sprachen Bischof Herzog , Dr . Heller ( Vertreter der liberalen Partei ) , Dr . Weibel ( im Namen der christkatholifchen Genossenschaft ) , Gerichtsfchreiber Schürmann ( Namens der Sängerschaft ) unb Dr . Steiger für die Ver » wandten . Die Liedertafel sang die Grablieder . Ilri . Der Verfassmigsrath hat nach lebhafter Diskussion den LandsgemeindeMd abgeschafft . — Der Verfassungsrath hat befchlossen , es sei ein Landrath auf 400 Seelen zu wählen und der Vorsi tz sei vom Landrath zu bestellen ; dle Regierungs » räthe haben im Landrath berathende Stimme . Dem Dörfchen Realp droht große Gefahr . Oberh alb desselben ist seit längerer Zeit ein Bach versiegt . Infolgedessen haben sich große Risse gebildet , so daß ein bedeutender Erdrutsch , der das ganze Dorschen bedecken dürste , zu befürchten steht . Masel . Der Groß ? Rath wählte Professor Kinkelin in s Bureau und beschloß die Revision der Verfassung durch den Großen Ralh mit 66 gegen 22 Stimmen .

Zargan . Mehr Industrie , fo tönt in Aarau schon lange ein Nuf , welcher namentlich mit Hinblick auf die großen Wasserkräfte , die zur Verfügung stehen , feine Berechtigung hat . Nun will man dorl eine Chololadefabrit erstellen , welche mit Wasserkraft betrieben werden soll . Aehnliches würde sich auch sür Bünden empfehlen .

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