Bündner Nachrichten, 12 August 1887 — Tie schweiz. Rechtseinheit im Lichte der... [ARTICLE]

Tie schweiz . Rechtseinheit im Lichte der Geschichte . n .

Aber selbst jene Zeit der Rechtsbuntschcckigkeit hat ein Vedürfniß nach einer gewissen Rechtseinheit gefühlt und wenigstens für jene Oite zu retten getrachtet , welche damals die Hauptpunkte des Verkehrs waren , bie Märkte besaßen und ordneten . Die Zähringer Herzöge , die Habsburger , Kyburger . und Toggenburger Grafen , kurz alle Städtegründer legten ihren Schöpfungen die übereinstimmenden Standrechte von Köln und Freiburg im Breisgau zu Grunde . Die Handoeste des verschwundenen , bischöflich konstanzischen Städtchens Tanegg enthielt die gleichen wesentlichen Bestimmungen , welche das Recht der Stadt Freiburg im Uechtlande waren . Und wer die Stadtrechte von Dießenhofen und Murten vergleichend prüft , dürfte glauben , das Recht Orte

zweier vom nämlichen Dynasten gegründeter kennen zu lernen . Eine Anzahl Gotteshäuser , die einen umfangreichen Theil der Ostschweiz beheirfchten , fanden es vorteilhaft , die Materien , die vom damaligen Verkehr berührt wurden ( Raub und Wechsel , Ehe und Weazug ) durch gemeinsames Recht sachgemäß zn gestalten . Eine Vergleichung oer Hofund Dorfössnungen der deutfchen mit ähnlichen der französifchen Schweiz muß dem Forscher unter einiger Asche das stete Fortglimmen der ursprünglichen VollS- und Rechtseinheit enthüllen . Strafgesetzgebung und Strafverfahren hatten bis zu Karl V . am wenigsten vlN der frühem Einheit eingebüßt und ruhten vom Regensburger Reichstagsbeschtusse hinweg bis zum Anfang li ses Ja rhunderls in der ganzen Schweiz aus einheitlicher Grundlage ( Carolina ) .

Es ift somit nicht die Geschichte , welche das Streben nach R-Mselnheit verdammt ; ihr Urtheil ruft uns vielmehr — so sagen wir mit dem St . Galler Landamman Seiler sel . — zu unentwegtem Weiterblluen auf . Ebenso wenig sprechen die Er « scheinungen anderer Staaten gegen die Einheitsbeftrebungen . Preußen ert nnt als ei , en Bestandthell ber Giöße Friedrichs II . seine Schöpfung eines einheitlichen Landrechts , mit jedem Tage rechnet man die Sammlung der verschiedenen Rechlsgewohnheiten Frankreichs in ein Gesetzbuch Napoleon I . zum höchsten Verdienste an , und wenn einst die Menschheit die Geisteskräfte ihrer Würgengel nicht mehr mit der