Bündner Nachrichten, 11. August 1887 IIIF issue link — Page 1

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Vie schweiz . Rechtseinhsit im Lichte der Geschichte .

„ Einheit des Rechts . Noch immer ist ste ein Ideal und boch , wo follle die Vereinheitlichung des Rechts mehr und leichter Wurzel fassen , als in dem Lande , dessen enge Grenzen und ausgebildete Verkehrsmittel die verfchiedenen Bewohner in nächste rascheste , tägliche , ja stündliche Berührung und Verkehr bringen , als in dein Volke , das laut und freudig seine eigene Einheit und Zusammengehörigkeit bekennt unb darauf seine Stärke und sein Dasein gründet ? Wir sind kein weites Oesterreich , wir haben lein besonderes Ungarn- oder Tichechenthum , wir anerkennen keine gesonderte Militärgrenze — wir sind Eine Nation und tonnen und dürfen darum nur Ein Recht haben . Tritt die Geschichte dein Streben nach Rechtseinheit entgegen ? Mit dem Augenblick » , mit dem unfer Vaterland in der Geschichte auftaucht , besitzt es als

keltischer Staat einheitliches Recht . Spmer , und 400 Jahre lang , liegt es in römischer Herrschast unter einheitlichem Nechte . Eine Beute zweier deutscher Völler genießt es im Wesen wieder einheitliches Necht , weil die Grundanschauungen der Allemannen und Burgunder im Staats- und Rechtswejen keine einschneidenden Unterschiede kennen . Beide Völker huldigen den gleichen religiösen Anschauungen und beiden Völkern war das Recht die Tochter der Religion . Wo der siegende Deutfche ausnahmsweife dem besiegten Römer auf helvetischem Boden das Fortleben nach römischem Rechte gestattete , war auch diese Ausnahme einheitlicher Natur , und der ausgesprochene Grundsatz galt sür alle Betheiligten von Gens bis nach Chur . Einheit des Rechtes war , als die Merowinger die Schweiz mit Frankreich verbunden beherrschten , Einheit des Rechtes war während der Zeit des eisten bis zum letzten Karolinger .

Erst mit der Auflösung der Relchseinheit löste sich auch die Rchtseinheit auf — erst mit dem Zerrinnen dcs Staates in Hunderte von Oberherrlichkeiten , Dynastien und Tynästchen kam zugleich die tzundertfachheit der Rechtszustände auf . Die Rechtsoielh . 1 t ist somit nicht das Zeichen des gesunden , naturwüchsigen , sondern das Ergebnih des ohnmächtigen , abfaulenden , sich zersetzenden Staates ; des Staates , der aus der Wucht und Kraft der

Fenmeton

( Die Fortsetzung des Romans folgt in Nummer 188 . ) Der Goryedornann .

Meine Freundfchast mit mehreren französifchen Marine-Offizieren hatte auch mir , einem Evl ^ en , eine Einladung zu einem Male verich fft , das tue Offiziere der russischen Fregatte „ Liva m , welche auf der Rh- . de von Toulon vor Anter lag , llnen französisch .,, Kameraden gaben . Es ift allgmem starke Trink r nnd , un-. bekannt , daß die Russen ieren des Zaren , m daß ein Bankett bei den Offiz mer eine fchwere Sitzung beulet . So a » ng es . ^ uch an dem oben erwähnten Abend . Die ganze Gewar in der hiteisten Stimmung . D » e i ^ fst schäft iere waren fämmt ich w tzig , aber dabei Mmu lug z und von jener wunderbaren ariiottlltischen Höflichwohllhuend berut . it und keit , welche immer röchst . fchnell ein gemeinsames Band um die rersch emnsten Elemente schlingt

. ... , ,,. .. Mei » , Nachbar , ein russicher Offizi r , mir bis zu diesem Tage vollkommen sremd , war ein wunoer

Nllgememheit in Kopf nnd Faust des Individuums übergeht . Das mochte zu einer Zeit , wo jeder Hof , jedes Dorf eine Welt für sich war , wo Abgang der Verkehrsbedürfnisse und gänzlicher Mangel der Verkehrsmittel fast alle Berührung mit den Nechtsverhältnifs . n benachbarter Gaue ausschloß , weniger fühlbar und drückend sein ; jetzt aber , wo wir in Grundsätzen und Zuständen uns bewegen , die das Entgegengesetzteste jener fernen Zeiten und Einrichtungen sind und heischen ; jetzt , wo Verkehr und Veilehrsmittel aller Märchen und Gr nzen spotten , die Einheit in Zoll und Post , in Maß und Münze hergestellt ist , jetzt muß auch der Rechtsüberwucherung , der Nechtsoielheii gegenüber die Rechtseucheit das einzig Nichtige sein .

* Inland

Post . Um bezüglichen Wünschen des schweiz . Handelsftandes entgegen zu kommen , hat sich die Postverwaltung mit der betr . deutfchen Zollbehörde dahin verständigt , daß Postsendungen nach Deutschland , wenn der Absender den Zoll zu franktren wünscht , schon in Basel verzollt werden können , s osern dies vom Aufgeber ausdrücklich verlangt wird . Es tritt dadurch sür den Adressaten ber Vorlheil ein , daß ihm die Sendung ins Domizil gebracht wird , während er sich im andern Falle auf das betr . Steuerbureau zur Zollabfertigung zu begeben und dort seine Sendung in Empfang zu nehmen hat . Fischerei . Die nationalräthliche Fischeieikommifston , in Zürich versammelt , beschloß nach Anhörung eines Referates des eidg . Forstinfvektors Coaz Eintreten auf den Entwurf des eidg . Fischereigefetzes . Eingehend wurde Art . 2 diskutirt , welcher verbietet , mehr als die Hälfte des Wrsserlaufes von Flüssen und Bächen zu sperren . Es handelte sich darum , festzusetz-m , was dann bei Spaltung eines Gewässers in verschiedene Arme gelten soll ; diese Frage wurde aber für einmal nicht entschieden . Bei Artikel 4 wurde ein Antrag Decurtins , die Rheinland » , den Lach en gleichzustellen , abgelehnt , die Schonzeit der Seeforellen aber auf die Zeit vom 15 . Oktober bis zum 3 l . Dezember beschränkt . So lesen wir in dr „ Z . P .

Militärisches . Für die Verpflegung der Mannschaft , die am diesjährigen Trupvenzuf > immenzug lheilzunchmen hat , dürfen ausschl , ehlich nur inländische

fchöner Mann : jung . Mß u ^ d fchlank , dabei fehr kräftig , mit duntel londem Haar und Bart und prachtvollen stabil » auen Augen , die j doch zuweilen wie von unheimlichen Flammen durchzuckt schienen Seme Unteihaliug — er fprach französisch mit j mm ruisi chen Accent , der unsern Ohrm sa » eiz voll ericheint — war für mich äußerst anziehend , er kannte P l is sozuag n vollkommen auswendig und selbst mt den me . pen Persönlichkeiten der guten Gesel schuft fchien er ganz int-m zu sein . „ Abo Sie teh en scho ^ morgen Nich Paris zurück ? fragte mich mcin Nachbar im Laufe des Ges plächs . „ Ich wollt eigentlich reifen , entgegnete ich , , / och ich dlib , da ich b » i den Torpedoinanövern des Geschwaders zug gen fein möchte . Mein Gefährt stutzte , » eine Augm glühten , schell stürbe > r ein Gl-. s Sekt l » i > unt > r , um dann in sich zusammen u steten . Er raffte sich jedoch wieder ^ uf , fuhi mit er Hand übe . seine S irne und fagie mit st « t , i ! t >! Nder Stimme :

„ I lereffiren Sie sich denn wirklich für Torpedoe ? „ Natürlich , erwiderte ich . „ Der Torpedo ist eine

fo furchtbare Waffe , daß die ganze gebildete Welt daran ungeheur s Interesse nimmt . „ Nun , über diesen Gegenstand kann Ihnen Niemand m hr und Genaueres erzählen als ich — Niemand ! Er stützte den Kopf auf beibe Hände und versank in tiefes Schweigen , dann rief er plötzlich : „ Haben Sie gehört , w e die Torpedos im rufsijchtü . kischen K . iege gebraucht worden sind ? „ Gw » ß . „ Nun wissen Sie vielleicht auch , daß ich es war , der das goße russische Kriegsschiff bei Matfchin in die Luft fprengte ? Er betonte jed > s Wort und blickte m r dabei prüfen ^ in die Augen , als wolle er genau beobachten , welchen Eindruck stine Worte auf mich machten . „ Sie ? rief ich aus , in einem Tone , der vielleicht doch ein gewisses Entfetzen verri th , denn er fragte : „ Nicht wahr , das war eine fürchterliche That ? Ich fchwieg , und fo fuhr er nach kurzer Paus . fort : „ Ot > , was mächte ich darum geben , wenn ich es nicht gethan hüte ! Man bewundert mich , ich werde als H ld gepri . sen , ich e » hielt Belohnungen , Orden — und avancirte . Aber ich kann IMen sagen —

Mastochfen geliefert werben , was die Bauern mit Befriedigung vernehmen werden . Rebbau . Aus Genf wird das Auftreten eines neuen Nebenfeindes signalisirt . Es ist der „ dla , ok rot , die Schwarzfäule , welche in Südfrankreich g ^ oße Veiheenmgen anrichtet . Eine südfranzösifche Zeitung gibt über das rapide Vordringen der Schwarzfäule — „ fchwarze Pest könnte man sie auch nennen , meint „ Genfer Journal — folgendes Bild : „ Ein Rebstück von vier Hektaren zeigte bie ersten vom dlaolc rot ergriffenen Beeren am 17 . Juli , am 21 . ward es gänzlich vom Feind eingenommen , und heute am 24 ., wenn bie Krankheit stilleftände und man ernten könnte , fo gäbe es nicht vier Hektoliter Wein statt der achtzig , auf die man begründete Aussicht hat . e . Also in weniger als sieben Tagen die Ernte verloren . Die Schwarzfäule macht sich nur an die Trauben und die jungen Schosse - ^ die zeitigen Schosse bleiben frei —; er kündigt sich durch einen kreisrunden röth , lichen F eck an , der sich ausdehnt , ohne daß das tzäutchen springt ; bald wird die Beere bläulichroth mit sch-vaizen Tupfen , sie fault , wird schwarz und zerfällt in Staub . Es werden nicht immer alle Beeren ergriffen und manchmal bleibt ein Rest unversehrt . Von der T ^ aubenbeere geht die Krankheit auf das Stielchen übcr , vom Stielchen auf die Trappe , die im weitern Verlauf abfällt .

Offizierswahlen . Verschiedene Blätter tadeln ben bci Offizierswahlen öfters zu Tage tretenden Mißbrauch , daß mehr auf die politische Farbe als die militärischen Fähigkeiten gesehen wird . Ein Freiburger Blatt macht diesfalls namentlich dem Bund Vorwürfe ; fchlimmer si ht es in diefem Stück aber aus in verfchiedenen Kantonen . Soll ja doch anläßlich der im letzten Winter in der Bundesversammlung vertraulich ventilirten Frage der vollständigen Mlitäreinheit ein westchweizeiischer Nationalrath sich nicht gescheut haben , es offen herauszufaqen , daß seln Kanton auf das Recht der Wahl der Offiz iere nicht verzichten könne , weil der Bund ohne politische Parltilückichten wählen würde , und in seinem Kanton infolge dessen die herrschende Partei Einbuße erleiden würde !

U » nere Armee soll weder ultramontan noch radikal , weder konservativ noch liberal fein , sie gehört keiner Pultet an . Ihre einz-ge und alleinige Polilil soll sein : der Palrioiismus und die Tüchtigkeit

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