Bündner Nachrichten, 6. Juli 1887 IIIF issue linkRundschau [ARTICLE]

Rundschau

Zwei internationale Fragen sind es , mit denen bie europäischen Wettermacher sich gegenwärtig lebhast beschäftigen : die egyp tische und die Balkanfrage . Schon feit Wochen drängt England den lürlifchen Sultan , daß er endlich einmal seinen werthen Namen unter den Fetzen Papier fetze , welchen man die egyptifche Konvention nennt . Der Sultan aber hat keinen Grund , damit zu preffiren , denn die fchlauen Engländer — fo viel Merks hat er doch — verlangen von ihm nichts mehr und nichts weniger , als daß er zur definitiven Festsetzung Englands in Egypten sein Ja und Amen sage . Frankreich und Rußland haben gegen solche Abmachung einen gemeinschaftlichen Feldzug unternommen und möchten gerne probiren , wie es sich zusammen arbeitet . In Konstantinopel haben sie alle Minen springen lassen , um den Sultan von dem ihm zugemutheten Schritt zurückzuhalten . Im Hintergrunde steht Deutfchland , welches fcheinbar gleichgültig diefem diplomatifchen Kampfe zusteht , aber indirekt doch z iemlich kräftig Partei für die Engländer nimmt , felbst auf den Fall hin , die ohnehin fchon zweifelhafte rufsifche Freundfchaft ganz zu ver » fcherzen und die guten lieben Französlein noch mehr zu „ ertäuben .

Item , gerade kriegsgefahrlich wird dieser Handel nicht werden , Jemand wird schon „ lugg geben , ohne daß das Schwert ihn dazu zwingt ; immerhin dienen diese diplomatischen Reibereien auch nicht dazu , die Harmonie im europäischen Konzerte zu vergrößern . Und nun die Baltanfrage , deren einen Theil die bulgarifche Frage bildet . Diefe fcheint beinahe in ein Stadium zu treten , welches mit der endgültigen Löfung der langen Krisis endigen dürfte . Die große Sobranje ist am Montag in der alten Krönungsstadt Tirnowa zusammengetreten . Sie wird fich mit der wichtigen Frage der Fürstenwahl zu befassen haben . Wer wird der „ Glückliche fein , welcher dem tapferen Battenberger auf dcn bulgarifchen Thron nachfolgen foll ? Man fpricht von Ferdinand von Koburg , welcher , irren wir nicht , österreichischer Offizier ift . Der rufsifche Kaifer foll perfünlich dem Manne gewogen und gewillt fein , zu feinen Gunsten den leichtsinnigen und verfchuldelen Mingrelier zu opfern und damit zur endgültigen Erledigung der bulgarifchen Pendenz das Seinige beizutragen . Und

« ... Feuilleton . 35 AaiHlesn . Roman aus dem amerikanischen Leben von Frances H . Burnclt .

Eines Tages begab sich Käthe auf ihr Zimmer , um alle von Karl herrührenden Andenken zu verbrennen . Als sie dieselben herausgenommen , betrachtete sie sie , aber nur um — rathet einmal , was sie that ? Unwillkürlich beugte sie sich mit flammendem Gesicht tiefer und tiefer , bis ihre weichen Lippen eine der Karten , die seinen Namen trug , berührt hatten ; dann fuhr sie erschreckt cmpor , schob sic ärgerlich bei Seite , drückte sie alle zu einem Ball zusammen , schlo ß denselben in das Fach und blies das Licht aus , denn zu Verbrennen wagte sie ihn nicht . Sie hatte ihren Herrn und Meister gefunden , und nachdem sie Andere besiegt und ausgelacht hatte , mußte sie nun die bittere Erfahrung machen , sich sclbst verspotten zu müssen . Es dauerte einen Monat , bis ihrc Erbschaftsangelegenheit zum Abschluß gekommen , und als cs so weit war , erklärte sie , es fei ihr Alles einerlei .

„ Ich glaube , es wird am besten sein , wcnn ich selbst Hinreise , sagte die junge Dame , wickelte sich den Brief um die Finger , zuckte anmuthig die Schultern und begann Reisevorkehruugen zu treffen . Bedauerte sie wirklich , die Familie Armadale zu verlassen ? Und Karl — der saß in seinem Atelier , hörte ihre süße Stimme aus dem Kinderzimmer herübertönen und ihrc Schleppe durch die Gänge rauschen , und er warf dcn Pinsel fort uud lehnte seine Brust auf seine verschränkten Arme , und bitteres Weh erfüllte sein Herz . „ Es hätte ja scin können ! rief er dann . „ O , Kathleen , Kathleen Mavourneen , Kathleen mein Lieb ! „ Wie fehr werden wir sie vermissen , hieß cs und er war gezwungen , sich zu gestehen , daß er sie immer noch liebe und daß , sobald sie das Haus verlassen haben würde , er sich ganz vereinsammt vorkommen würde .

Nm dritten Abend vor ihrer Abreise trat Käthe m das Kinderzimmer , nm cine letzte erfreuliche Unter

da sowohl me Regenten m Sofia mtt diesem Kandldaten einverstanden fein follen , als auch der Letztere felbst unler gewissen Vorbehalten die Wahl annehmen will , fo wird er wohl gewählt werden . H . z , i-oz > c > 8 Bulgarien noch ein Wort über die Lage des Landes . Diefelbe ist eine schwierige . Der Bauer hat mit Erlangung der Selbständigkeit fast keinen Schritt in der Hebung feines wirthfchaftlichen Betriebes vorwärts gethan . Er feufzt unter der Steuerlast . Der Staat kann zur Hebung der Landwirthschaft , der einzigen Erwerbsquelle des Landes , wenig leisten . Handel , Gewerbe , Industrie und Bergbau sind ins Stocken gerathen . Das Mißlichste ift , daß das Land sich in großer Geldverlegenheit befindet . Es ist so tief in die finanzielle Misere Hineingerathen , daß es nirgends Geld zu pumpen bekommt . Die englische Anleihe ift gescheitert , und auch die Unterhandlungen mit der Wiener Liinderbant sind so gut wie beendet , nachdem es sich erwiesen hat , daß dieselbe nicht einmal ihren Freund Garaschanin in Belgrad zu halten vermochte . So stehen die Regenten nach fruchtlosem Umherirren wieder an dem Punkte , von dem sie ausgegangen sind : vor dem Defizit .

Einen andern Theil der Balkanfrage bildet die ferbifche Frage . In diefem ferbifchen Hexenkessel bekämpfen sich der russische und der österreichische Einfluß . Dazu bietet auch die königliche Familie ein rührendes Bild von umgekehrter Einigkeit und Friedlichkeit , indem der dicke und unbedeutende König Milan und seine Frau einander persönlich nicht mögen und politisch ganz nach entgegengesetzten Seiten ziehen . Was aus dieser Konfusion fchließlich hervorgehen wird , kann zur Slunde Niemand fagen . Entzündbarer Stoff ist auch da in Menge vorhanden . Die Franzofen streiten sich darüber , ob der neue Nuntius Rotelli an der Solröe des Barons Mackau blos die Tafelfreuden genossen und sich über gleichgültige Dinge mit den anderen Eingeladenen unterhalten oder aber Politik getrieben habe . Er selbst behauptet das Elftere , aber die Radikalen sagen : Er hat auch das Zweite gethan , er hat die konfervativen Heerfchaaren ( d . h . hier blos ihre Führer ) einmal mustern und sammeln wollen . Noch mehr : Er hat im Namen bes Papstes , der sich bekanntlich mit allen Regierungen auf guten Fuß zu stellen und dafür Konzessionen zu Gunsten der katholischen Kirche von ihnen zu erlangen sucht , bie

„ Dllvencmt s Ruh sei zu ihrem Empfang bereit , schrieb der Verwalter des verstorbenen Besitzers und fragte an , ob sie wünsche , daß die Gewächshäuser auch ferner unterhalten weroen füllten und was mit den Pferden gemacht werden solle ? —

katholisch-konservative Partei Frankreichs veranlaßt , das Ministerium Rouvier zu unterstützen . Letzterm wird daher von den Radikalen vorgeworfen , daß es zum Schaden Frankreichs mit den Feinden der Republik und des Fortschritts unter einer Decke stecke . Es mag in ben betreffenden Ausführungen der radikalen Blätter manche llebertreibung mit unterlaufen , wie das bei fcharfen Polemiken nie ausbleibt . Allein fo ganz „ ohne dürfte die Sache denn doch nicht fein . Das Ministerium Rouvier kann die Unterstützung der Monarchisten nicht entbehren und diefe werden sie ihm nicht gewähren , ohne daß ihnen von der andern Seite ebenfalls Zugeständnisse gemacht werden . Umfonst ift bekanntlich nur der Tod .

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