Bündner Nachrichten, 2 July 1887 IIIF issue linkIV [ARTICLE]

IV

Nm Schlüsse des vorigen Artikels wurde der Satz aufgestellt , daß auch die Landwirthfchaft am Patentschutz ein Interesse habe . Aus dem , was Fachmänner , z . B . Prof . Anderegg , über diefen Punkt geschrieben haben , stellen wir folgendes zusammen . Es ift Thatsache , daß die schweizerifche Landwirthfchaft einen fchweren Kampf mit der auswärtigen Konkurrenz führen muß und in vielen Richtungen derfelben nicht Stand zu halten vermag , einfach weil die auswärtigen Erzeugnisse heute billiger aus dem Markte erfcheinen , als bei uns die Produktionskosten sinb . Außer den veihältnihmäßig billigeren Bodenpreisen sind es hauptsächlich die Zeit und Geld sparenden Maschinen unb Geräthe , welche dort zur Anwendung kommen . Es ist nicht zu vergessen , daß die Umwandlung der Rohstoffe durch neue Mafchinen und Geräthe in marktfähige Waare mehr oder weniger billiger zu stehen kommt , als auf die althergebrachte Weise , und daß in vielen Fällen der Landwirth , ohne daß er daran denkt , selbst ein Industlieller ist ( Käserei , Brennerei , Obstdarren : c . ) .

Die meisten landwirthschaftlichen Maschinen vereinigen hauptsächlich vier Vorzüge in sich , welche dazu dienen , eine Besser- und Billigerproduttion zu ermöglichen : 1 . Eine Arbeit in der kürzesten Zeit zu verrichten und dadur ch Einflüsse und Ungunst der Witterung abzuwenden . 2 . Eine Arbeit möglichst genau auszuführen und dadurch die Ernte theilweife zu sichern und die Kulturen gegen natürliche schädliche Ginflüsse widerstandsfähig zu machen . 3 . Die größte Ausnutzung der Rohstoffe zu bewerkstelligen und dem Markte eine vorzügliche Waare zu bieten . 4 . Die gleiche Arbeit mit geringem menfchlichem Kraftaufwand auszuführen . Wenn auch diefe Vorzüge auf die Güte und Menge der Produkte einen großen Einfluß ausüben und , damit verbunden , eine billigere Produktion vermitteln , fo wirkt die Anwendung von Mafchinen und verbesserten Gerathen indirekt auch auf die Ausbildung der Intelligenz des gefammten Bauernstandes . Der Gebrauch folcher Werkzeuge erfordert beim landwirtschaftlichen Beruf vom ländlichen Arbeiter eine ungleich größere Sorgfalt und Pünktlichkeit als gewöhnliche Handgeräthe , wo oft nur Kraft und Uebung für die Anwendung maßgebend sind .

Sie zeigen dem Landwirth so verfchiedene Vortheile in der Anwendung , daß er unwillkürlich zum Nachdenken veranlaßt wird , daß er überlegt und fowohl in Zeit- und Kraft- als auch Geldaufwand zu rechnen anfangt . Im Uebrigen sind gerade die Mafchinen in vielen Gegenden die Urfache der Einführung von Genoffenfchaften geworden , welche ein harmonifches Zusammenschließen der Berufsgenossen herstellten und auf diefe Weife zu vereintem Wirken führten — die Grundlage eines dauernden und gefunden Fortschrittes . Man wird dagegen einwenden : „ Wozu brauchen wir den Erfindungsschutz , wenn wir alle nöthigen Geräthe und Maschinen billiger einführen können ? Hierauf ift zu erwidern , daß die eigentümlichen fchweizerifchen Verhältnisse hinsichtlich der Boden

gestaltung der Anwendung verfchiedener ausländifchei Maschinen im Wege stehen . Die Haupluisachen liegen vorwiegend darin , daß die anzuwendenden Mafchinen nicht unferen lokalen Verhaltnissen angepatzt find , fondern aus Gegenden stammen , welche ganz andere Verhältnisse aufweifen . Nus diefem Grunde hat fchon Mancher , der Mafchinen anfchaffen wollte , sich getäuscht gesehen . Es gilt daher , die einheimische Maschinenprobuktion zu unter » stützen und zu fördern , und dies kann nur dann ge » fchehen , wenn unsere Mafchinenfabrikanten den Patentfchutz genießen und fo ihre Fabrikation betreiben können , ohne daß Jeder ihre Fabrikate nachmacht und sie in Folge davon , wie das auch fchon vorgekommen ist , gezwungen werden , die Konstruktion landwirthschaftlicher Maschinen ganz oder theilweife aufzugeben .

Hr . Prof . Anderegg erwartet von der Einführung des Patentschutzes , daß die Erstellung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe in der Schwei z eine allgemeinere wird , daß auch der kleinere Handwerker sich daran betheiligen kann und daß fo eine Arbeitst Heilung eintreten wirb , wobei auf die lokalen Verhältnisse unferes Bodens und landwirthfchaftlichen Betriebs weit besser Rücksicht genommen werden kann als bisher . Die Konkurrenz , welche diefe Verallgemeinerung der Mafchinen- und Gerätheprodultion in s Leben gerufen wird , ift zugleich eine Garantie dafür , daß die betr . Preife nicht zu hoch gefchraubt werden können . Man wird viel eher als jetzt gute und nicht theure Werkzeuge in die Hand bekommen . Darum tonvcnirt es nicht nur dem Industriellen , fondern auch dem Landwirth , am 10 . Juli für den Erfindungsfchutz ein Ja in die Urne zu legen .

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