Eidgenössische Zeitung, Nummer 279, 10. Oktober 1861 IIIF issue linkEidgenossenschaft. [ARTICLE]

Eidgenossenschaft.

(G. Bl.)

Am Montag behandelte der Bundesrath euren Rekurs von Waadt gegen Zürich. Der Sachverhalt ist folgender: Ein seit 1830 in Cossonay niedergelassener und später verheiratheter Zürcher hatte dort zwei Häuser gekauft und sein waadtländischer Schwager für eine Kaufrestanz von 18,000 alten Franken eine Bürgschaft übernommen, an welche er nach dem ' Tode deS Zürchers 11,308 Fr. bezahlen mußte, da die Verhältnisse des Zürchers sich nach dessen Tod verschlimmerten. Die Vormundschaft über die Kinder übernahm laut Ehevertrag, die Frau und erfüllte alle Vorschriften der Waädtländergesetze. Der Tod deS Zürchers sei der Heimathgemetnde Pfäffikon bekannt gewesen, es seien aber nie Schritte gethan worden, die Kinder unter zürchersche Vormundschaft zu stellen, sagt der Rekurs von Waadt. Der Schwager in Cossonay starb ebenfalls. Unterdessen hatten die Kinder des Zürchers in Pfäffikon eine Erbschaft gemacht. In Cossonay wurde gerichtlich die Haftbarkeit der Kinder des Zürchers für die obige Bürgschaft festgestellt' und gestützt auf die Bundesverfassung Perlangen die Kinder des Bürgen, d. h. ihr Vogt, daß die Gemeinde Pfäffikon dieselbe aus dem Erbe der Zürcherkinder bezahle. DaS Bezirksgericht Pfäffikon anerkennt nun die Waadtländervormundschaft, welche schyn seit acht Jahren ausgeübt wurde, nicht. Das Zürcherobergericht bestätigt diesen Entscheid und. der Bundesrath hat denselben wenigstens nicht aufgehoben, dagegen will er der Erequirbarkeit deS Waadtländerentscheides nicht präjudiziren. Der Rekurs kommt vor die Bundesversammlung. Waadt beruft sich darauf, daß bei ihm für das Vormundschaftswesen daS Domizil und nicht die Heimath Grundsatz »sei. So die Waadtländer Auffassung. — In einer Audienz des Herrn Dr. Kern bei Herrn v. Thouvenel wegen des kürzlichen Genferartikels im „ Constitutionnel lehnte Herr v. Thonvenel jede Verantwortlichkeit der Regierung für diesen Artikel ab. Die Regierung anerkenne als offizielles Organ nur den „Moniteur." Für Reklamationen verweist er die Schweiz auf die Presse oder die Gerichte. — Der BundeSrath hat eine neue, kleinere Form der Frankomarken genehmigt, die dann vermuthlich bei Einführung des neuen PosttarifeS wieder verändert wird. — Die Familie deS bei einer Erplosion der Pulvermähle in Altstätten 'verunglückten PulvermüllerS erhielt vom Bundesrath Fr. 1000. Ferner vergütet der Bundesrath allen amtlich erhobenen Schagen. — Der amerikanische Gesandte erkundiget sich

nach den Niederlassungsverhältnissen der Israeliten in den einzelnen Schweizer, kantonen. Der Bundesrath verweist ihn auf die dem früheren Gesandten gemachten bezüglichen Mittheilungen und auf die neueste Judengesetzgebung im Kanton Graubünden. — Die in Betreff der Grenzberichtigung zwischen dem Kanton Tessin und dem Königreich Italien von einer internationalen Kommission getroffenen Vereinbarungen, welche letzthin gemeldet wurden, betrafen, wie dem «National suisse» aus Bern geschrieben wird, nur einige ganz untergeordnete Punkte. Dagegen sei sehr wenig Aussicht vorhanden, daß die italienischen Dill ehrten sich $b# Wichtigern TerfttWialstreitigWen, wchche die Souveränität über ganze Dörfer betreffen, nämlich in Betreff des Thales von Lei und der Grenzbestimmung zwischen Brusio und Madonna di Ttrano zu einer Verständigung Herbeilassen würden. — Herr AloyS v. Rayneval, der als französtscher Gesandtschaftssekretär für Herrn v. Massignac nach Bern kömmt, ist der im Erlacherhof in Bern geborne , dritte Sohn des Herrn v. Rayneval, der in den zwanziger Jahren französischer Gesandter bei der Eidgenossenschaft war.

Bern. (Eingesandt.) Mit wahrem Vergnügen haben wir in Ihrem Blatte das Ergebniß der M>ej letzten Großrathswahlen in Worb und Wahlen gelesen. Einmal, weil der in Worb gewählte Herr v. Goumoens ein anerkannt braver Mann und entschicdener Konservativer ist, -dann aber auch sind wir nicht minder über die Wahl des Herrn Etter, obwohl derselbe ein Radikaler ist, erfreut, weil dadurch das Volk von Wohlen sich als wirklich freie und un^ abhängige Wählerschaft bewiesen, und gezeigt hat, daß sie eS der Würde des Kantons nicht für angemessen hält, einer anmaßenden Clique zu lieb, einen schadhaft gewordenen Regierungsrath in die oberste Landesbehörde zu wählen. Durch die letzten Vorgänge im Großen Rache wären wir bald zur Heberzeugung gekommen , daß unser ganzes demokratisches Eingericht keinen Schuß Pulver werth sei und nur dazu diene, die Mißregierung, zweideutigen Machenschaften und Jntriguen der Höchstmögenden zu decken und gutzuheißen, bei welchem Systeme sich dann daS Bernervolk eben so wohl unter türkischer oder chinesischer Herrschaft befinden würde, wobei dasselbe noch dazu gänzlich der langweiligen Wühlerei enthoben wäre, die in so vielen Fällen eben auch nur eine Gaukelei ist, womit daS Volk an der Nase herumgeführt wird. Doch, wie gesagt, das Volk von Wohlen hat dießmal glänzend bewiesen, daß es seinen eigenen Willen hat, und verdient deßhalb unter gegenwärtigen Umständen um so mehr die öffentliche Anerkennung aller Derjenigen, welchen die Demokralle in unserm Kanton zur Wahrheit werden soll, und sie nicht bloß als Werkzeug der Jntrigue angesehen wissen wollen. — Dem „Handels- Courrier" entnehmen wir folgende statistische Notizen: Der bernische Jura zählt noch heute ein guteS Drittheil Bevölkerung deutscher Zunge, nämlich zusammen 26,705 Personen. Diese vestheilen sich folgendermaßen: In Biel bilden die Bewohner deutscher Sprache */4, in Courtelqri und Münster 74, Neuenstadt */4 und DelSberg Ve« In Pruntrut, der ehemaligen Fürstbtschofresidenz? ist daS Verhältniß noch ungleicher. — Thun. Die Gefchwornen haben in ihrer Schlußsitzung vom 5. Oktober die Anna Barbara Schneider von und zu Steffisburg, geb. 1822, unverheirathet, gew. Zuchthaussträfling, angeklagt, ihr am 14. August abhin im Schwandenbadgäßlein außerehelich geborneö drittes Kind durch Handlungen oder Unterlassungen umS Leben gebracht zu haben, unter Annahme von Milderungsgründen schuldig erklärt, worauf sie peinlich zu 2l/2 Jahren Zuchthaus und zu den Kosten verurtbeilt wurde. — Der letzte Erlenbachmarkt hat eine merkliche Verbesserung sowohl in den Preisen als in der Nachfrage gegenüber dem frühern ergeben. ES war ziemlich viel fremder Kauf da, namentlich Deutsche. Indessen war eS auch dießmal vorzugsweise die schöne i Waare, die gesucht war, während die geringern

Stücke ihre Käufer meistens nur in den Juden fanden. die sick ebenfalls zahlreich eingestellt hatten.

Zürech. Ueber bie Prelsausthellung für das Vieh an hiesiger Ausstellung entnehmen wir der „N. Z.-Ztg." Folgendes: In der Viehausstellung glänzten besonders Bern und Schwyz. Die Zürcher Viehzucht, die sehr zahlreich vertreten war, stand an Qualität zurück. Die Auswahl hätte sorgfältiger geschehen sollen. Von der braunen Race wurde prämirt: 22 Zuchtochsen, 55 Kühe und Rinder und von der Fleckrace 23 Zuchtochsen und 38 Kühe und Rinder ; von diesen 138 Prämien sind auf nachstehende Kantone gefallen : Bern 48, Schwyz 22, Uri 1, Unterwalden 2, St. Gallen 12, Glarus 4, Freiburg 2, Zug 12, Aargau 1 , Graubünden 2 , Luzern 4 , Baselland 1 , Zütich 27. Die ausgestellten Thiere wurden nach den zwei Hauptracen, Braun- und Fleckvieh, eingetheilt, und jede Race bildete eine PreiSabtheilung. Jede Preisabtheilung theilte sich in vier Klassen. Die erste Klasse wurde bei den Zuchtochsen mit Fr. 400, die zweite mit Fr. 300, die dritte mit Fr. 200 und die vierte mit Fr. 100 bedacht. Bei den Kühen und Rindern beträgt die Prämie der ersten Klasse Fr. 200, bei der zweiten Fr. 150, bei der dritten Fr. 100 und bei der vierten Fr. 50. — In RapperSwyl starb am Montag nach langen Leiden Herr Oberstl. Hürlimann-Brändlin von RichterSweil, Bruder des Herrn Hürlimann - LandiS sel., einer der bedeutendsten Industriellen des KantonS. Lnzern. Der Verwaltungsbericht des Regierungsrathes wurde an eine Großrathsfommission zur Prüfung gewiesen. Diese Kommission besteht auS den Herren Hunkeler, Vonwyl, Aloys Kopp, Schindler, Willimann , Segesser und V. Fischer. Uri. Bischof Nikolaus von Chur hat letzten Freitag Morgen die Firmung für die Gemeinde Altorf vorgenommen. Pater Theodosius hielt als bischöflicher Offizial die Festpredigt. — In Altorf denkt man bereits wieder an Wiedereinführung einer amtlichen Tare für Mehl und Brod. Freiburg. Den 7. Oktober Abends langte von Murten her die BaSler Batterie in Freiburg an,, die hier eine Schule zu bestehen hat. Schon den 8. begannen die Uebungen. Splpthurn. Der päpstliche Nuntius Bovieri. befand sich letzten Montag hier, zur Konferenz mit dem Bischof und Hrn. Landammann Bigier, bezüglich der StiftSangelegenheit. Bafel. Der Vorschlag der Kommission für daS St. JakobSdenkmal soll dem großen Stadtrathe in einer außerordentlichen Sitzung vorgelegt werden. — Gestern Abend (8.) warf die Basel-Bern Nachtpost durch's Münsterthal in der Nähe des Sommerkastnos um, in Folge eines durch schwere Ladung verursachten Nadbruches. Von den sechs Reisenden nebst Kondukteur und Postillon wurde glücklicherweise mit Ausnahme einer Dame, die eine unbedeutende Quetschung erlitten, Niemand verletzt. Durch schnell herbeigeeilte Hülfe konnte die Umladung auf einen andern Wagen und die Fortsetzung des Kurses innert einer Stunde bewerkstelligt werden. (Volksfrd.) St. Gallen. Gegenüber einem Antrage Landammann HungerbühlerS , der in fünfviertelstündigem Vortrage seine staatSkirchenrechtlichen Theorien auseinandersetzte, beschloß der Verfassungsrath in seiner vierzehnten Sitzung mit zwei Drittheilen der Stimmen, auf Grundlage der Anträge der KommissionSMehrheit, welche den Rechten der Konfessionen etwelche Rechnung tragen, einzutreten. Die artikelweise Berathung wird folgen. Aargau. Im Bade Schinznach hat sich den 8. September der aargauische Seidenbauverein konstituirt. Ungefähr 60 Personen schlössen sich noch nachträglich dem Vereine an, so daß derselbe jetzt ungefähr 140 Mitglieder zählen mag. Tessin. Am Herbstviehmarkt in Airolo, abgehalten am 1. d. Mts., wurde, dem Vernehmen nach, weder theuer noch viel verkauft. Auch für den Lauisermarkt sollen wegen Futtermangel die Aussichten für die Verkäufer nicht glänzend sein.

Vorherige Ausgabe

Alle Ausgaben dieser Publikation durchblättern.

Nächste Ausgabe

Vorherige Suchergebnis

Zurück zur Ergebnisliste

Nächste Suchergebnis

Vergrössern / Verkleinern

Rechtsklick auf einen Artikel um weitere Optionen anzuzeigen

Qualitätskontrollmodus aktivieren

Ausschneiden starten

Vergrössern

Verkleinern