Bündner Nachrichten, 20 novembre 1887 IIIF issue link — Page 3

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die Italiener mit ihrem Roccoll gedacht und in der hierauf folgenden kurzen Diskussion der in Zürich und Luzern gemachten Versuche zur Einbürgerung der Nachtigall Erwähnung gethan mit Rücksicht auf Chur und feine Umgebung . Novemberfest . Zur Erinnerung an den Schwur im Rütli unb die damalige Freiheitsbewegung begeht morgen Abend ( Sonntag ) der hiesige Grütli . verein sein Novemberfest . Der jedem Schweizer heilige historische Hinlergrund diefer Feier und das gute , Genuh verfprcchende Programm derselben rechtfertigen einen zahlreichen Besuch , zu dem wir lebhaft aufmuntern . Die Festrede hält Hr . L hrer Jörg . Besonderes Interesse dürfte die Aufführung des Vollsfchauspiels „ Das Vaterunser in der Christnacht , in dem köstlicher Humor mil ergreifendem Ernst abwechselt , bieten .

Gemüsemarkt . ( : ) Der Gemüsemaikt auf dem Martinsplatz wird jetzt weniger zahlreich besucht , dafür zeigen sich mehr Fuhrwerke , die mit Kartoffeln , Rüben , Lagerobst und Kabis beladen sind und ihre Waare zum Einkellern direkt in die Häuser bringen . Die Preise haben sich seit Wochen gleichmäßig erhalten , einzig das Lagerobst weist bedeutend höhere Preise als gc > wohnlich auf . Die Butter , die übrigens nicht auf dem Gemüsemarkt feilgeboten wird , ist im Preise bedeutend gestiegen . Frisch und süh gilt sie im Detail bis 3 Fr . das Kilo . Lebhafterer Nachfrage erfreuen sich die „ Büscheli , die zwar auch nicht auf den Gemüfemarkt gehören , aber gleichwohl von den Köchinnen vielfach gekauft und verwendet werden . Die Maladerfer Büfcheli - Fabrikanten haben gute Losung .

Ausland

amtlichen Einfluß für Geld feil ; m noch mehr , si e

Deutschland . Der russische Kaiser ist am Freitag Vormittag in Berlin angekommen und natürlich vom Kaifer , dem Prinzen Wlhelm : c . fehr höflich empfangen worden ; auch Bismarck stattete demfelben in der russischen Botschaft einen Besuch ab . Man irrt aber sehr , wenn man glaubt , daß irgend welche Begeisterung für den Monarchen sich kundgegeben habe . Eher das Gegentheil . Fast nirgends war Flaggenschmuck zu fehen , Bismarcks „ Nordd . Allg . brachte noch lein Wort über den Zarenbesuch und die übrigen Blätter enthielten theils eiskalte , theils direkt angreifende Artikel . Nm meisten Aufsehen erregt eln folcher der „ Köln . Ztg . , welcher unter dem Titel „ Reiner W . in in denkbar schärfster Weife jede politische Hoffnung auf Rußland als hinfällig erklärt . Frankreich . Frau Limouzin hat trotz ihrem Ordensfchwindel mehr Schulden als Vermögen . Ihre Möbel wurden ihr fogar fequestrirt und versteigert und warfen kaum 800 Fr . ab . Sie befaß ein armfeliges Gerumpel , bestehend in einigen Schränken , Kleidungsstücken lc . Das Merkwürdigste

von Allem war ihre Garderobe . „ Diefelbe fetzte fich , wie man aus Paris fchreibl , aus zwei Hemden , einer Hose , einer Weste , zwei SeidenlMn , einem Paar Damenftiefel unb — einem Säbel zufammen . Ja wirklich cin leibhaftiger Säbel ! Andachtsvoll wurde diefer stumme Zeuge der Lieblingsneigungen der Frau Limouzin von allen Seilen betrachtet und befühlt . Wollte sich Frau Limouzin mit diesem Schlachtschwert umgürten und es als eine zweite Jungfrau von Orleans im Augenblicke dcr Gefahr schwingen ? Oder wie kam fönst der Säbel in die Garderobe der Frau Limouzin ? Daß man Briefe berühmter Heerführer , wie Thibaudin und Boulanger , bei ihr vorgefunden , vermag man sich vielleicht zu erklären . Nun aber gar noch einen Säbel ! Merkwürdiger Säbel , dieser Säbel in den stillen Räumen eines Frauenlleiderschlllnles . Das Volt von Paris zeigte sich diesem kulturgeschichtlich höchst interessanten Säbel gegenüber schließlich sehr unehrerbietig . Niemand bot auf diefen Zeugen füher Geheimnisse und der ganze Krempel mit sammt dem Säbel wurde für nur 6 Franken 50 Centimes losgeschlagen . 8 io traugit Z jlori-3 . nruuäi .

— Auch aus der Provinz laufen Nachrichten über neue . Nergeinisse ein . In einem füdlichen Departement werben augenblicklich cin Staatsanwalt , ein Generalrath und ein anderer republikanischer Beamter wegen sehr schwerer Vergehen verfolgt . Diefe Herren boten zur Gewinnung von Prozessen ihren

sind cm der Herstellung falscher Nankscheine mitschuldig . In einem anderen südlichen Departement verlausten republikanische Würdenträger ihren Einfluß an junge Leute , welche fich vom Militärdienst befreien wollten . In Toulouse hat diefes Aergerniß einen sehr bedenklichen Umfang angenommen . Außerdem werden noch auS verfchiedenen Departements Betrügereien gewisser Bürgermeister gemeldet .

Mehrheit

Frau Wilson fcheint auch einigermaßen die Begriffsverwirrung ihres Mannes zu theilen . Dem Unterfuchungsausfchuß lag ein von ihr geschriebener Brief vor , welcher mit dem prästdentfchaftlichen Stempel verfehen , also portofrei fpedirt worden

war . -- Wilfon wird alfo vor Gericht gestellt . Mit einer wohl noch nie dagewesenen Stimmenmehrheit hat die Kammer befchlossen , ihn an den Spieß zu liefern . Diefe allfeitige Uebercinstimmung der Parteien läßt sich auch daraus erklären , daß Wilfon der Reihe nach im Stillen gegen alle konfpirirt hat . Die Stimmen , welche nun die Abdankung Grevys verlangen , werden immer zahlreicher und eindringlicher , da die Würde und Ehrbarkeit des Präsidentfchaftspalastes durch das Treiben Wilsons lompromittirt sei . Auch in den Wandelgängen der Kammer ist stark davon die Rede , Grevy zur Abdankung zu zwingen . Die meisten Aussichten auf die Präsidentfchaft fcheint jetzt Sadi-Carnot zu haben , da auch die Radikalen für ihn stimmen würden . Onglano . Bei einer Pachlerauspfändung auf einer Infel an der irifchen Westküste kam es zu einer regelrechten Schlacht . 200 Infelbewohner empfingen die Polizei mit Steinwürfen und Gewehrfeuer . Diefe mußte abziehen , um Verstärkungen zu holen ; inzwischen aber konnten die Bauern ihr Vieh in Sicherheit bringen .

Unßland . Am Vorabende der Ankunft des Zaren in Berlin veröffentlichte die „ Kreuzzeilung folgendes Schreiben russischer Offiziere , welches ihr aus Kowno zugegangen ist und die in russischen Kreisen gegm Deutschland herrschende Stimmung lreff » lich charallerisirl : Vor einigen Wochen hat die Kreuzzeitung ein Artikel gedruckt , wodurch wir erfahren mit Erstaunen , daß preuhen beabsichtigt hat ein Theil v . Russischen Territorium mft Gewalt von Ruhland abzunehmen , um ein neutrale Staat „ Polen zu formiren , damit preuhen um feine Grenze von Rußland sicher wäre daß wir preußen nicht berauben . Wir , Offiziere der großen Festung in Kowno , direkt gegen Preuhen aufgebaute , — haben die Ehre Ihnen milzutheilen dah wir und unsere Armee , anstatt euer ein Stischen Russisches Territorium abzugeben , lommen balb bis B > rlin schlagen euch wie Räuber geschlagen werden sollen , stechen euch alle aus wie Sch ( Nun folgen Schimpfereien auf alle Preußen , auf Fürst Bismarck und den Kaifer , welche die „ Kreuzztg . ^ nicht wieder » gibt . ) Der Teufel soll euch bald holen auf Wiedersehen in Berlin ! — Die Redallion bemerkt dazu : Die Franzosen meldeten sich 1870 bekanntlich auch in Berlin an ; sie kamen auch richtig — als Gefangene . Alfo auf Wiederfehen !

— Die rufsifche Presse hetzt wieder einmal gegen Deutfchland . Ein Blatt drückt die Hoffnung aus , es werde in Frankreich Boulanger obenauf kommen , dann gäbe es bald Krieg , vielleicht noch in diefem Winter . Andere Blätter behaupten , Bismarcks ganzes Gebäude fei im Zufammenbruche begriffen . Deutschland fei Nur durch RuhlandS Gnade groß geworden und könne auch nur durch Rußlands Gnade bestehen . Wenn diefe ihm entzogen werde , falle das ganze Reich zufammen : c . Amerika . An der Beerdigung der Hingerichteten Chicagoer Anarchisten nahmen etwa 5000 Männer und mehrere Hundert Frauen Theil . Taufende und Abertausende von Zuschauern liehen den Leichenzug vorbeipafsiren . An den Gräbern waren beiläufig 6000 Perfonen versammelt . Man erhielt den Eindruck , daß der Anarchismus durch die vollzogenen Hinrichtungen nicht den Todesstoß erhalten hat . Die Grabreden waren revolutionär genug . Einer der Redner fagte : „ Hier in Gegenwart diefer ermordeten Männer fchwört , daß Ihr Euch organisiren wollt , um dieses Verbrechen zu rächen und eS bei Denen heimzusuchen , welche Euch hassen ! Die Menge antwortete : „ Wir schwüren eS ! „ Wir wollen , fuhr der Redner fort , „ Blut um Blut . Haltet das Gelöbniß , welches Ihr soeben gethan habt , stets im Gedächlnih ! Zittert nicht ! Seid Männer ! Wir haben lange genug gelltlen , jetzt laßt uns unfere Bedrücker bitter hassen .

— Im Nalionalralh der Ver . Staaten sitzen letzt 168 Demokraten und 153 Republikaner , daneben 4 Unabhängige . Früher hatten die Republikaner die

— Der anarchistische Agitator Most wurde wegen revolutionärer Reden wieder verhaftet .

Vermischtes

Iu Konstanz wurde am 15 . November ein Man » verhaftet , der 287 Stück Nickeluhren nach Deutfch

land einzufchmuggeln verfuchte . Es kommen in letzter Zeit folche Schmuggelversuche am Vodenfee fehr häusig vor . — Cin Basellandfchäfller Missionär in Amerika hat dem lantonalen Museum eine schöne , etwa 5 Meter lange Schlangenhaut zum Geschenke gemacht . — In Stuttgart legte am 16 . d . ein großer Brand die städtische Lagerhalle vollständig in Asche . Große Quantitäten Hopfen und Hafer sind verbrannt .

Letzte Nachrichten

Bern , 18 . Soldat Hürst erklärte sich bis jetzt der Tödtung Müllers nicht direkt fchuldig , gab aber zu , daß er zwei fcharfe Patronen adgefchossen habe . Bundesstadt , 19 . ^ j Hürst ist des Todtfchlag « an Müller , des Todtfchlagverjuches an Bleute-, unter Ablehnung des Mangels an Zurechnungsfähigkeit fchuldig erklärt worden . Berlin , 18 . Dle hiesize Presse fährt fort , sich gegen den Befuch des Zaren kühl zu verhalten . Auf den Straßen wurden Hochrufe auf den Zaren durch folche auf den Prinzen Wilhelm fofort übertont . Ein Mann , der dcm Kaiser ( von Rußland ) eine Bittschrift überreichen wollte , wurde vom Wagen niedergerissen und verhaftet . Zahlreiche russische und deutfche Geheimpolizisten überwache » schon seit 8 Tagen den Bahnhof . Bismarck hatte eine mehr als einstündige Unterhaltung mit dem Zaren unter vier Augen , welcher Umstand großes Auffetzen erregt . Die schon gestern nach auswärts gelangten , aber offenbar inspirirten Nachrichlen besagen , daß Deutschland nur dann wieder in das frühere freundlichere Verhaltniß mit Nußland treten werde , wenn der jetzige russische Finanzminister Wifchnergradöli entlassen und die zweideutigen Beziehungen der russischen Politik zu Frankreich aufgegeben werden . Berlin , 19 . Das russische Küiserpaac mil Familie ist gestern Abends wieder abgereist .

Berlin , 19 . Die großen Staatsgewehrfabnken in Erfurt und Spandau rufen telegraphisch alle jüngst entlassenen Arbeiter zurück unb ordneten an , daß Tag und Nacht gearbeitet werde ; ungefähr 2000 neue Arbeiter stnd eingestellt . Anscheinend beginnt eine umfangreiche Fabrikation des neuen Kl wkalibergewehres . Paris , 18 . Die Interpellation der äußersten Linien , welche bestimmt ist , das Ministerium zu stürzen , wird wahrscheinlich vertagt werden , da mehrere republikanische Gruppen , die Rechte und das Ministerium für Vertagung sind . — Grevy ist fehr niedergefchlagen , man glaubt , er werde zurück , treten , wenn eine Verurtheilung Wilson > i erfolgt . Die Untersuchung gegen Letzteren wird fo beschleunigt , daß die Sache bereits am Dienstag oder Mittwoch der Anllagetammer vorgelegt werden kann . Paris , 19 . Der italienische Ministerpräsident in hat Italiens Beilritt zur Sue ^ Konventjon sehr freundschaftlichen Ausdrücken angezeigt .

Aus Nr . 4 « des Kantonsamtsblattes

Benesicium , nl > entar ,,: lieber dcn Nachlaß 1 . des in Madulein verstorbenen MatheuH Camenisch non Riein , 2 . des in Zuz verstorbenen Johannes Heinz von Teufen . Nechnungscmpfäuger des elfteren ist VizeAmmnnn Ioh . Guidon in Madulein , des letztere ! , Amman » Albert Caderas in Zuz . Stahlungsruf . Ueber das Vermögen der Frau Margreth Päd er geb . Veunold uon Maladers , z . Z . in Schuls . Rechnungen an den EchulMgt Land . I . M . Heinrich in Castiel . Ghevertündungen in Ghur . Wildbcrger , Jakob , Geometer , von Neunlirch ( Schaff » hllüsci ») , in Chur , und Keller , Cmma Maria , von Wülflingen ( Zürich ) , in Samaden . Kuoni , Johannes , Landwirth , von Maienfeld , in Chur , und St arl , Maria , von Maladers , in Chur . Bislin . Eduard , Koch , von Pfäfers , in Chur , und Ell enbe rger , Anna , von Ersigen ( Bern ) , in Roman ? - hörn ( Thurgau ) . Temperatur am t » . Nov . Morgens 7 Uhr in Chur 6 . Zürich 4 , Basel 1 . Luzern —2 , Genf 1 , Lugano 1 , Davos 0 , Heiden 0 ° Nelj .

Mittheilung über die Beobachtungen an der metcorolog . Station in « h « l ( 613 M . üb . Meer ) .

18 . Nov . 9 Uhr N . 704 , 4 !^ -6 . 1 NW bedeckt 19 . » 7 , M . 696 . 6-s- 4 . 0 S bewölkt 19 . .. l . Mt . 695 , l ! -s-19 , 1 W bedeckt ! Ueber Rächt leicht « Regen . ? » ihr gcmcssen 2 mm

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