Bündner Nachrichten, 7 October 1887 IIIF issue linkAusland [ARTICLE]

Ausland

pentfchland . Die „ Vossifche Ztg . will wissen , daß der Parteitag der deutschen Sozialdemokraten , welcher , wie gemeldet , in den letzten Tagen in Brügge « bei St . Gallen stattgefunden , die Zweckmähigkeitspolitik der fozialdemokratifchen Reichstagsabgeordneten , die mit anderen Parteien lolettiren und so die Unabhängigkeit und den revolutionären Charakter der fozialdemokratifchen Bewegung komvromittiien , verleugnet und getadelt habe . Seit dei letzten Sozilllistenzufammenkunft sind 170 , 000 Mail verausgabt worden , davon 100 , 000 Mark für Wahlen , 50 , 900 Marl sür verfolgte Mitglieder der Partei « . IranK-reich . Ganz im Gegenfatz zur Theolie feines Kollegen Boulanger , der die „ Ebeitattil über alle Kriegskunst stellt , hat General Billot , Kommandant des in Lille stehenden Nrmeetolps , feine Offiz iere ermahnt , sich ohne Unterlaß in ihrer dienstfreien Zeit mit der Kriegswifsenfchaft zu beschäftigen , „ der fchwierigften von allen , denn sie ist allen Wissenfchasten tributpflichtig und streift an alle Kunstfertigkeiten an . In den modernen großen Kriegen lönnen die glänzendsten Waffenlhaten der besten Truppen fchließlich zur Niederlage führen , wenn die Anstrengungen der in Bewegung gefetzten Massen nicht durch tiefe Berechnungen nach den Regeln der Kunst mit einander in Einklang und Verbindung gebracht und geleitet werden ,

Onglaud . In Folge der englischen Zuckerprämien Nnd 50 , 000 Arbeiter beschäftigungslos . Eine große Albeitervelfammlung hat daher letzter Tage fich gegen diese Prämien ausgesprochen und die Belegung der von auswärts einzuführenden Waaren mit einem Schutzzoll verlangt . — In Irland dauern die Ausschreitungen und blutigen Zusammenstöße mit der Polizei fort . Italien . In Florenz ist am 3 . d . Kardinal Barlolini , ein Verwandter des Papstes , in feinem 74 . Jahre gestorben . — Ein Mitarbeiter der „ Frankf . Ztg . wlll den italienischen Ministerpräsidenten auf feiner Durch » reife in Frankfurt befucht und ihn über feine Verhandlungen mit Bismarck ausgefragt haben . Crispi hätte ihm bezüglich der römischen Frage mitgetheilt .

daß dieselbe in Friedrichsruh gar nicht besprochen woiden sei . Die römische Frage existire für Italien gar nicht , der Papst lebe in Rom unter den Gesetzen des Landes wie jeder andere Bürger ; daran werde nichts geändert und Niemanden könne das Recht , sich in dieses Verhältniß einzumischen , gewährt werden . Das wisse Bismarck ganz gut , der übri < gens gar nicht darauf erpicht fei , sich in fremde Angelegenheiten zu mifchen . Bezüglich der bulgarischen Frage habi Crispi sich dahin geäußert , daß Italien auch für das Vulgarenvolk , wie für jedes nach Un » abhiingigkeit strebende Volk warme Snmpzlhien hege und ihm gules Gedeihen wünfche . Das Vordringen Ruhlands bis Konstantinopel berge auch für Italien Gefahren , deshalb müsse diefes dagegen ankämpfen ; es könne nicht zugeben , daß das mittellänbifche Meer ein russischer See weide .

Ob Crispi alles das wirklich gesagt hat , läßt sich bezweifeln . Aber wenn auch nicht , fo könnte er es ganz gut gesagt haben , denn es entspricht obige Darstellung vollständig der Sachlage . Oesterreich Ungarn . In mehreren ungarischen Bezirken nimmt das Näuberwesen überhand . An Verschiedenen Orten wurden in letzter Zeit heimkehrende Bauern und Kaufleule von Räubern überfallen , ermordet und beraubt . Spanten . Die Regierung trifft alle Vorbereitungen , um fofort Truppen nach Marokko fenden zu können , falls der Tod des kranken Sultans oder ein anderes Ereignih es nöthig machen follten , den spanischen Ginfluß in dottigem Lande zu vertheidigen . Bulgarien . Im Süden dieses Landes streifen Räuberbanden herum , während die nördliche Grenze ( gegen Rumänien ) durch die ausgewanderten Bulgaren bedroht wild , welche am Wahltag der Sobianje Unruhen stiften wollen . Die Regierung hat ihre Gegenmahregeln ergriffen . Serbien . Die serbische Regierung hat bei den soeben stattgehabten Wahlen einen entschiedenen Sieg erfochten . Da die Regierung des Hrn . Ristitfch russisch gesinnt ist , so bedeutet der Ausfall der Wahlen eine Festigung des russischen und eine Schwächung des österreichischen Einflusses .

Balkan . I « Athen hat sich neulich cine Gesellschaft gebildet , welche zum Zweck hat , für den Gedanken eines Bündnisses der Äaltanstaaten Propaganda zu machen . Die Gefellfchaft hat in einem Schreiben an den bekannten bulgarischen Politiker und Publizisten Stojanoff diefem die Vortheile eines folchen Bündnisses auseinandergesetzt . Stojanoff antwortete , er betrachte , wie alle intelligenten Politiker seines Landes , die Errichtung einer Konföderation der Valtanstaaten als das einzige Mittel , die nationale Unabhängigkeit Griechenlands , Serbiens , Rumäniens und Bulgariens und felbst der Türkei zu erhalten . Bekanntlich hat fchon der Battenberger an dem Plan einer folchen Konföderation gearbeitet . Das größte Hinderniß des Projekts ist die territoriale Begehrlichkeit der Kleinen auf der Ballanhalbinfel . Die müßten die Türkei in ben Bund aufnehmen und eine rein auf Erhaltung der gegenwärtigen Zustände gerichtete Politik verfolgen .

Amerika . Ein Riefenbankerott wird aus San Francisco gemeldet . Der erste Spekulant Kaliforniens , Dresbach , hat felne Zahlungen eingestellt , mit einem Defizit , das an 50 Millionen Mark betragen soll .

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