Bündner Nachrichten, 29 July 1887 IIIF issue linkDer euvspaische Friede [ARTICLE]

Der euvspaische Friede

-s- „ Die Welt liegt im Argen , sagte einmal ein preußischer Unteroffizier , den man zum Schulmeister ernannt hatte , als er seinen Schülern Geographie vortrug . Er halte nicht Unrecht ; die heutigen Zustände beweisen es , daß die Welt thatsächlich im Argen liegt . Das kümmerliche Ding , das man europäischen Frieden nennt , kann sich kaum mehr auf seinen Beinen halten und man weiß nicht , ob ihm im nächsten Augenblick das Lebenslicht ausgeblasen wird . Wozu starrt auch die Welt in Waffen ? Doch sicherlich nicht zu dem Zweck , um auf des Schäfers Schalmei vergnügte Liedlein zu blasen . Wir leben im Hochsommer , der Zeit der Hitze , der sauren Gurke , der Seeschlangen und der — Kriegserklärungen . Möge ein gütiges Geschick es so gestalten , daß nicht irgendwo in Europa die Kriegsflamme auflodert , seis nun am Balkan oder sonstwo — gefährlich ists überall . Die Hitze , die sauern Gurten , die Seeschlangen wollen mir gerne in den Kauf nehmen — die Seeschlangen dürfen fünfhundert Meter lang sein .

Auf allen Seiten treibt man einseitige „ nationale Interessenpolitil und der Wirrwarr , den diese von Napoleon III . zu ihrem Höhepunkt entwickelte Politik angerichtet hat , ist unübersehbar . Jedermann hat Interessen , die mit den Interessen Anderer kollibiren müssen und Jedermann zieht seine Nationalität als Rechtstitel heran . Daher die ewig drohende Gefahr eines allgemeinen Krieges , die beim kleinsten Konflikt riesengroß emporschießt und wie ein furchtbares Gespenst über dem waffenklirrenden Europa steht . Die Orientfrage ist und bleibt der stets brodelnde Hexenkessel , aus dem die giftigen Dämpfe emporsteigen , welche die friedliche Atmosphäre jeden Augenblick erfüllen können . Die moderne Diplomatie hat fich dieser Frage gegenüber als völlig ohnmächtig erwiefen . Noch nicht zehn Jahre sind es her , seit der Berliner Vertrag geschlossen wurde . Man hielt diesen Vertrag für ein Meisterstück der Diplomatie . An sich war er es wirklich auch , darüber wollen wir mit Niemandem rechten . Damals stieß man in die große Pofaune unb that , als ob im Orient der Friede auf ein halbes Jahrhundert gesichert fei . Nun sieht ^» i < Sache anders aus und die voreiligen , Posaunen

18 Acrrrp . „ Ein hübscher , liebenswürdiger Junge ! bemerkte die Dame , „ es thut mir seh r leid , ihn nicht mitnehmen zu können . Würden Sie mir gefälli gst sagen , zu wem er kommt ? „ Zu Peter Pivot . Es ist dies eiue sehr bekannte Persönlichkeit , von dcr Sie wohl anch schon gehört haben . Hatte der Schleier die Züge nicht verborgen , so würde das Gesicht der Dame Erstaunen und Verwunderung verrathen haben . „ Nein , ich kenne ihn nicht . Ich war eben zu lange von New-Iork abwesend . Doch nun will ich Sie nicht länger aufhalten und danke freundlich für Ihre Güte . Die Dame reichte dcm Superintendenten die Hand und wandte sich dann , gefolgt von dem Manne , nach dem . Boote .

Kein Wort wurde gesprochen , bis sie die Mitte des Flusses erreicht hatten .

bläser werden nach und nach einsehen , wie naiv sie gewesen sind . Für die Herren Diplomaten ist cs nachgerade auch Zeit , daß sie sich nach einem neuen Gedanken umsehen . Sie turnen die kranke Welt immer noch mit denselben Mixturen und Bandagen , wie vor hundert oder auch vor fünfzig Jahren . Der selige Metternich gilt heute als eine abgethan « Grüße . Wir wären die Letzten , welche für das öde System dieses Mannes nur einen Funken von Sympathie oder auch nur einen Schein von Rechtfertigung haben könnten . Aber von seinem Standpunkt aus leistete er solidere Arbeit als so manche Diplomaten von heute und dem Kaiser Franz war so wohl , daß er meinte : „ Mich und den Metternich hälts noch aus !

Freilich hielt es aber den Metternich nicht aus . Die Diplomatie , immer nach der hergebrachten Schablone arbeitend , sucht die Bürgschaften des Friedens weit mehr in äußerlichen Verträgen als in der inneren Kräftigung der Länder und Völker . Auf diesem ungeheueren Fehler beruht die Macht Ruhlands , auf ihm baut sich der „ Koloß auf thönernen Füßen auf , der unaufhörlich den Frieden und die Ruhe Europas gefährdet unb die erschöpften Völker in den Künsten und Arbeiten des Friedens stört . Nußland schließt alle Verträge nur , um ste zu brechen und beschuldigt dabei alle Andern , daß sie die Verträge nicht halten . Durch Nußlands Verschulden ift der Berliner Vertrag schon mehrfach durchlöchert und kann heute fchon nur noch eine ganz untergeordnete Bedeutung beanspruchen .

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