Bündner Nachrichten, 3 maggio 1887 — Die Ziege im Hochgebirge ii. [ARTICLE]

Die Ziege im Hochgebirge ii .

Für bie Schweiz und namentli ch für die gebirgigeren Gegenden ist die Ziegenwirthschaft von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung . Die Gesammtzahl der Ziegen beträgt nach der Zählung von 1886 416 , 323 Stück , was per 100 Einwohner 14 , 6 Ziegen ausmacht . Nur Norwegen , Spanien und Griechenland halten verhältnißmäßig mehr Ziegen als die Schweiz ; letzteres 119 Slück auf 100 Einwohner . Der Kanton Graubünden allein zählt 48 , 200 Ziegen oder 5 ? Slück auf 100 Einwohner , in ben südlichen Thälern sogar 92 Stück . Herr Funkhäuser hat für den Kreis Difentis eine befondere Zusammenstellung gemacht . Danach betragt dort die Zahl der Ziegen 4473 und die der Haushaltungen 1035 und trifft es somit auf jede Haushaltung über 4 Ziegen . Seit dem Jahre 1866 hat die Zahl diefer Thiere für die ganze Schwei z um 0 , 3 «/ o ab- und in Graubünden um 0 , 5 «/« zugenommen . Der Verkehr mit Ziegen und Kitzen mit dem Ausland weist eine Einfuhr von 7280 Stück und cine Ausfuhr von 3575 Stück .

Man unterscheidet gewöhnlich zwei Arten , nämlich die sog . Stallgeißen und die Weidgeihen . Nach einer genauen Beobachtung war der Milcheltrag beider Arten während der Monate September und Oktober ziemlich annähernd gleich , während die Weidgeih bei günstiger und die Stallgeiß bei ungünstiger Witterung etwas mehr Milch liefert . Bei den gutgehaltenen Weidgeißen gestaltet sich die Rechnung über Ettrag und Kosten ungefähr folgendermaßen : Werth von 300 Liter Milch Fr . 45 , Werth der Kitzen und des Düngers Fr . 9 ------- 54 Fr . ; die Ausgaben betragen für die Fütterung Fr . 21 , Weidzins , Löhnung der Hirten , Abgang : c . Fr . 14 . Somit bleibt für den Ziegenhalter ein Nettoertrag von Fr . 19 per Slück . Natürlich richtet sich der Nutzen vorzügli ch nach der Beschaffenheit und Zuträglichkeit des Futters , Nach Dr . Fleischmann enthält die Ziegenmilch circa 2 o / o weniger Wasser , circa 1 , 3 o / o mehr Fett und circa . N / 2 ° / o mehr Kasein als Kuhmilch . Die Ziegenbutter ist im Allgemeinen nicht besonders beliebt , dagegen wird der Ziegenkäs gesucht und der „ Geißzieger gilt als eine Delikatesse , was man übrigens den Bauern nicht erst zu sagen braucht .

Das Fleisch der Ziege ist etwas rauhfaserig , aber kräftig ; sie liefert 5 bis 10 Kilo Unfchlitt und ihr Fell gilt 4 bis 5 Franken . Ihr Junges , das Kitze , gibt ein gesuchtes Fell , das zur Fabrikation von Handschuhen verwendet wird ; früher galt es bis 4 und 5 Franken , in letzter Zeit nur mehr N / 2 bis 2 Franken .